News Fachbereichs Seefahrt & Maritime Wissenschaften

Klimaneutraler Inselversorger für die Marshall Islands

Schiffsneubau mit Segelantrieb unter Hochschulbeteiligung vom Stapel gelaufen

 

 

 

Im Rahmen eines internationalen Klimaschutzprojektes unter Beteiligung der Hochschule Emden/Leer hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) den Neubau eines Inselversorgers mit Segelantrieb für einen weitestgehend klimaneutralen Schiffsbetrieb in Auftrag gegeben. Die GIZ implementiert das von der Internationalen Klimainitiative (IKI) finanzierte, bilaterale Vorhaben gemeinsam mit der Regierung der Marshall Islands vor Ort. Das vom Schiffskonstruktionsbüro Kostec Co. Ltd. und der Werft Asia Shipbuilding Co. Ltd. in Geoje, Südkorea gemeinsam mit der Hochschule Emden/Leer und dem Hamburger Konstruktionsbüro SDC entwickelte Schiff ist am 15. November vom Stapel gelaufen und an den Ausrüstungskai der Werft verholt worden. Weiterer Beteiligter am Projekt ist die Briese Research aus Leer zur Unterstützung der Bauaufsicht und Inbetriebsetzung des Schiffes.

„Wir freuen uns, dass der Schiffsneubau diesen Meilenstein erreicht hat und nun in die letzte Phase der Ausrüstung geht. Das wird für unsere Bauaufsicht in Südkorea sehr spannend werden, da viele technische Systeme nun installiert werden und Probelaufen müssen. Einige Feinabstimmungen sind noch erforderlich. Trotz des relativ einfachen und kostengünstigen Baukonzeptes stecken viele Innovationen in dem Schiff, die beispielgebend für die zukünftige Zero-Emission Schifffahrt sind“, erklärte Prof. Kapitän Michael Vahs von der Hochschule Emden/Leer, die als Projektpartner die technologische Entwicklung koordiniert.

Der rund 48 Meter lange und 300 tdw (tons deadweight) tragende Inselversorger für die Marshall Islands ist mit einem teilautomatisierten Segelsystem vom Typ INDOSAIL ausgestattet. Das in Hamburg von Schiffbauingenieur Peter Schenzle (HSVA) ursprünglich für Indonesien entwickelte Segelsystem wurde den lokalen Erfordernissen angepasst und soll dem Schiff mit einer Segelfläche von gut 500 Quadratmetern eine Geschwindigkeit von bis zu ca. 12 Knoten verleihen. Bei überschüssiger Segelleistung rekuperiert der Propeller und versorgt das Bordnetz über ein Hybridgetriebe mit angehängtem Generator. Ein leistungsstarkes Battery-Pack dient als Speicher. Der gleiche Generator kann als elektrischer Antriebsmotor auf den Propeller wirken und dem Schiff für langsame Manöverfahrt zur Verfügung stehen. Als Redundanzantrieb wird ein Dieselmotor mit ca. 250 kW Leistung installiert, der dem Schiff die geforderte Mindestgeschwindigkeit von 7 Knoten auch ohne Segelantrieb und unter rauen Seegangsbedingungen garantiert. Dieser soll perspektivisch auch mit regional erzeugtem Biodiesel betrieben werden können.

Weitere technische Highlights sind eine leistungsstarke PV-Anlage für die Bordstromversorgung, sowie neuartige Wing-Kiele, die im Maritimen Technikum der Hochschule Emden/Leer entwickelt wurden und dem Schiff eine bessere Segeleffizienz und hohe Kursstabilität verleihen sollen. Die Emissionen werden gemäß Modellrechnung um ca. 80 Prozent reduziert, perspektivisch wird die Klimaneutralität angestrebt.

Das Konstruktionsbüro KOSTEC und die Bauwerft Asia Shipbuilding wollen sich mit dem Projekt ein neues Standbein für Segeltechnologie und emissionsarme Schifffahrt auf dem starken koreanischen Schiffbaumarkt schaffen. Die Kooperation mit der Hochschule Emden/Leer soll zur Entwicklung weiterer Neubauten fortgesetzt werden. Das vom Stapel gelaufene Typschiff soll in verschiedenen Größen mit verschiedenen baulichen und ausrüstungstechnischen Varianten entsprechend der Anforderungen des Kunden erhältlich sein. Dazu gehört auch eine Variante mit vollautomatisierten Flettnerrotoren.

In der Endphase des Schiffbauprojektes wird verstärkt die Marshall Islands Shipping Corporation als zukünftige Reederei des Schiffes eingebunden werden, um sich mit dem neuen Schiffstyp und dessen Technik vertraut zu machen. Das Trainingskonzept für die Reederei wird gemeinsam mit der Hochschule Emden/Leer ausgearbeitet, die die Reederei langfristig begleiten wird, um die Ergebnisse des Projektes wissenschaftlich auszuwerten. Die Fähigkeit zur übergreifenden Zusammenarbeit mit maritimen Industriepartnern von der ersten Bedarfsanalyse über den Bau bis zur Erprobung und Begleitung während der ersten Betriebsphase eines Schiffes gehört zu den besonderen Merkmalen der Fraunhofer Arbeitsgruppe für Nachhaltige Maritime Mobilität (NMM) an der Hochschule Emden/Leer.

Der Schiffsneubau für die Marshall Islands kann von interessierten Reedereien und Verladern nach Fertigstellung voraussichtlich im Februar 2024 während eines gemeinsamen „Open Ship Events“ der beteiligten Partner in Geoje, Südkorea besichtigt werden.

Kontakt:

Prof. Kapt. Michael Vahs, michael.vahs(at)hs-emden-leer.de

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