Auf dieser Seite findet sich ein Überblick der im Labor T52 der HS Emden/Leer ausgestellten Lager. Dazu wird zunächst ein allgemeiner Überblick darüber gegeben, was Lager sind, wie sie funktionieren und welche Lagertypen es gibt.

Darauf folgend wird auf die Ausstellungsstücke der Glasvitrine näher eingegangen und Hintergrundinformationen zur Verfügung gestellt.

Der auf dem Tisch ausgestellte Lager-Demonstrator wird ebenfalls erläutert

Allgemeine Informationen über Lager

Was ist ein Lager?

"Lager haben die Aufgabe, relativ zueinander bewegliche, insbesondere drehbewegliche Teile in Maschinen und Geräten abzustützen und zu führen und die wirkenden äußeren Kräfte (quer, längs und/oder schräg zur Bewegungsachse) aufzunehmen und auf Fundamente, Gehäuse oder ähnliche Bauteile zu übertragen (Funktion). Die gestaltete Baugruppe wird als Lagerung bezeichnet." - Roloff/Matek Maschinenelemente [1]

Ein Lager muss zwei wesentliche Funktion erfüllen:

  • Bewegung übertragen
  • Kräfte weiterleiten [2]

Wie ist ein Lager aufgebaut?

Der Aufbau eines Gleitlagers hängt von der aufzunehmenden Kraft ab, ist aber simpel gehalten. Werden ausschließlich radiale Kräfte aufgenommen sind Buchsen mit zylindrischer Form ausreichend. Treten hingegen auch axiale Kräfte auf, werden Bundbuchsen verwendet, wobei die zylindrische Form an einer Seite eine umlaufende Auskragung erhält. Dank des kompakten und weniger komplexen Aufbaus haben Gleitlager einen geringeren Platzbedarf und lassen sich einfacher montieren. [3]

Ein Wälzlager besteht hingegen aus folgenden Bauteilen:

  • Zwei Ringe oder Scheiben mit Laufbahnen 
  • Wälzkörper
  • Einem Käfig

Innen- und Außenring bestehen meist aus hochreinem chromlegierten Sonderstahl, welcher die erforderliche Härte und gleichzeitige Reinheit besitzt. Diese Eigenschaften sind wichtige Voraussetzungen für eine hohe Tragfähigkeit und eine lange Lebensdauer. Es kommen aber auch Spezialwerkstoffe wie z.B. Keramik oder Kunststoffe zum Einsatz. Kunststoffe sind im Vergleich zu Stahl sehr leicht, halten aber keinen extrem hohen Temperaturen stand. Zum Einsatz kommen diese u. a. in der Automobilindustrie, bei der es auf jedes Gramm Gewicht ankommt. Die Laufbahnen sind gehärtet, geschliffen und gehohnt. [2]

Als Wälzkörper können Kugeln, Rollen, Kegel, Tonnen oder Nadeln dienen. Diese bestehen ebenfalls meist aus hochreinem chromlegiertenSonderstahl. Daneben kommen ebenfalls Spezialwerkstoffe wie z.B. Keramik oder Kunststoffe zum Einsatz. Die Wälzkörper wälzen auf den Ringen bzw. Scheiben ab. [2]

Der Käfig hat die Aufgabe, dieWälzkörper auf Abstand zu halten und sie zu führen. Stahl, Messing und Kunststoff werden beispielsweise dafür verwendet. Die Fertigung unterscheidet sich nach Material, da Metallkäfige massiv durch z. B. spanende Formgebung oder aus Blechen gefertigt werden könnten. Kunststoffkäfige können ebenfalls massiv spanend oder durch Spritzgießverfahren hergestellt werden. [2]


Welche Lagerarten gibt es?

Lager lassen sich nach fünf wesentlichen Kriterien einteilen: [1]

  1. Wirkprinzip (Gleitlager, Wälzlager, Magnetlager)
  2. Richtung der Lagerkraft F (Radiallager, Axialllager)
  3. Funktion (Festlager, Stützlager, Loslager)
  4. Bauform (Stehlager, Augenlager, Flanschlager, Gelenk- btw. Pendellager, Einbaulager)
  5. Montagemöglichkeit (geteilte Lager, ungeteilte Lager, zerlegbare Lager)

Die geläufigsten Lagerbezeichnungen (Wälzlager, Gleitlager, Radiallager und Axiallager) werden nachstehend erklärt.

Wälzlager und Gleitlager
Bei Gleitlagern bewegen sich Achse und Lager auf einer Gleitfläche gegeneinander. Dahingegen sind bei Wälzlagern die zwei zueinander beweglichen Bauteile (Innen- und Außenring) durch Wälzkörper voneinander getrennt. Die Reibung dabei ist im Vergleich zu einem Gleitlager geringer. [2]

Radiallager und Axiallager
Wälzlager können Kräfte in radialer (senkrecht zur Wellenachse) und/oder axialer (in Richtung der Wellenachse) Linie (in Richtung der Wellenachse) übertragen. Eine Kombination der Belastungen ist in vielen Anwendungen der Fall und sowohl Radiallager als auch Axiallager können als Kugellager sowie als Rollenlager ausgeführt werden. [2]

    Wälzlagertypen

    Im Folgenden werden die gebräuchlichsten Wälzlagertypen kurz erläutert. Diese finden sich ebenfalls in dem ausgestellten Lagerkoffer von SKF.

    • Rillenkugellager: Aufnahme von überwiegend radialen, aber auch axialen Kräften; einreihige, gerade Anordung der Wälzkörper
    • Zweireihiges Rillenkugellager: Aufnahme von radialen und axialen Kräften; zweireihige, gerade Anordung der Wälzkörper
    • Pendelkugellager: Aufnahme von radialen und axialen Kräften; zweireihige, gerade Anordung der Wälzkörper
    • Schrägkugellager: Aufnahme von radialen und axialen Kräften; einreihige, schräge Anordnung der Wälzkörper
    • Axial-Rillenkugellager: Aufnahme von ausschließlich axialen Kräften; einreihige, senkrechte Anordnung der Wälzkörper
    • Zylinderrollenlager: Aufnahme von hohen radialen, aber auch axialen Kräften; einreihige, gerade Anordung der Wälzkörper
    • Kegelrollenlager: Aufnahme von hohen radialen und axialen Kräften; einreihige, schräge Anordnung der Wälzkörper
    • Axial-Zylinderrollenlager: Aufnahme von ausschließlich axialen Kräften; einreihige, senkrechte Anordnung der Wälzkörper

    Allgemein lässt sich sagen, dass Rollenlager als Alternative zu Kugellagern genutzt werden, wenn höhere Kräftte übertragen werden müssen. Durch die höhere Kontaktfläche im Vergleich zu Kugellagern wird dies ermöglicht. [5]

    Ausstellungsstücke

    Gleitlagerkoffer Igus

    Ausgestellt ist eine Sammlung von Gleitlagern von igus. Bei Gleitlagern bestimmt der Werkstoff die Eigenschaften.

    Mithilfe der darunter liegenden Schablonen lässt sich der richtige Werkstoff für die richtige Anwendung finden. Indem die Schablonen über die Gleitlager gelegt werden, lässt sich erkennen, welche Lager unter welchen Bedingungen eingesetzt werden können.

    In diesem Beispiel wurde die Schablone für schmutzunempfindliche Lager verwendet. Muss ein Lager nun mehreren anspruchsvollen Bedingungen standhalten, lassen sich die Schablonen auch übereinander legen. Durch die Schablonen lässt sich auch schnell erkennen, dass es keinen perfekten Werkstoff bzw. kein perfektes Gleitlager gibt, welches für alle Anwendungen unter allen Bedingungen geeignet ist.

     

    SKF Lagerkoffer

    Ausgestellt ist ein Koffer mit mehreren Lagern der Firma SKF. Die Lager lassen sich einzeln entnehmen und teilweise auch auseinanderbauen. Im Hintergrund der jeweiligen Lager ist der Querschnitt dieser aufgedruckt.

    Von den Pendelrollenlager und dem Zylinderrollenlager sind größere Modelle ausgestellt, wo der Aufbau besser erkennbar ist.

    Pendelrollenlager

    Das im SKF-Koffer ausgestellte Pendelrollenlager am rechten oberen Rand trägt die Bezeichnung 21305 CC. Da dieses Lager von SKF hergestellt wurde, lässt sich durch das Bezeichnungsschema von SKF ableiten, welche Eigenschaften dieses Lager besitzt. In diesem Fall steht die fünfstellige Zahl für die Lagerreihe, die Maßreihe und die Größe des Lagers, also den Innendurchmesser. Die Bezeichnung CC steht für zwei Fensterkäfige aus Stahlblech, einen bordlosen Innenring und einen darauf zentrierten Führungsring. Der Herstellungsprozess dieser Lagerart wird in diesem Video erklärt.

    Im Gegensatz dazu ist das hier gezeigte Pendelrollenlager um einiges größer. Pendelrollenlager eignen sich für den Einsatz bei hohen stoßartigen Radialkräften und, je nach Aufbau, auch für Axialkräfte. Der Unterschied eines Pendelrollenlagers zum Tonnenlager liegt im Aufbau. Ein Pendelrollenlager besitzt zwei Reihen symmetrische Tonnenrollen, wie am unteren Bild zu erkennen ist. Die Lager sind zudem winkeleinstellbar, da sie eine hohlkugelige Laufbahn des Außenringes besitzen und können so auch winklige Wellenverlagerungen und Fluchtungsfehler der Lagersitze ausgleichen. [1]

    Zylinderrollenlager

    Zylinderrollenlager haben eine hohe radiale Tragfähigkeit und hohe Steifigkeit. Sie sind axial nicht oder nur gering belastbar. Beim gezeigten Ausstellungsstück fehlt der Innenring, sodass die Wälzkörper in Zylinderform gut zu erkennen sind.

    Verwendet wird diese Bauweise ohne Innenring, um Platz zu sparen. Um ein solches Lager einzusetzen, muss die Oberfläche der Welle (wie die Laufbahn eines Wälzlagers) gehärtet und geschliffen werden.

    Anwendungsbeispiele: Getriebe, Elektromotoren, Achslager von Schienenfahrzeugen. [9]

    Lagerauswahl

    Im gezeigten Lagerhalter sind drei verschiedene Lager platziert:

    • Lager A: Nadellager ohne Innenring (Modell: IKO TAF 253316)
    • Lager B: Nadellager-Käfig
    • Lager C: Zweireihiges Schrägkugellager (Modell: SKF 3200 ATN9)

    Ein großer Vorteil der (käfiggeführten) Nadellager ist die sehr geringe Bauhöhe bei dennoch großer Tragfähigkeit. Daher finden sie oft in kleinen Automobilgetrieben (E-Achs-Getriebe) Anwendung. [10]

    Lagerdichtungen

    Bei Lagern gibt es verschiedene Arten von Dichtungen. Bei den ausgestellten SKF Lagern werden drei verschiedene Dichtungstypen dargestellt - ohne Dichtungen, mit beidseitigen Deckscheiben und mit beidseitigen Dichtscheiben.

    Lager ohne Dichtung werden für einen besonders leichtgängigen Lauf verwendet. Sie besitzen keinen Schutz gegen Verschmutzungen jeglicher Art, eine Nachschmierung erfolgt durch die fehlende Dichtung einfacher. Durch beidseitige Deckscheiben werden die Lager durch grobe Verschmutzungen geschützt. Feine Staubpartikel können trotzden in das Lager gelangen. Die maximale Drehzahl ist bei dieser Bauart nicht eingeschränkt. Beidseitige Dichtscheiben sind meist aus kautschukähnlichem Material, welche das Lager abdichten, teils verstärkt durch Stahlblech im Inneren. Da das Lager dadurch berührend abgedichtet ist und zusätzliche Reibung im Dichtkontakt entsteht, reduziert sich die maximale Drehzahlbelastung um etwa 40 Prozent. [4][6]

    Inwieweit der Drehwiderstand bei einem abgedichteten Rillenkugellager erhöht wird, lässt sich beispielsweise an dem Lager-Demonstrator, welcher auf dem Tisch ausgestellt ist, ausprobieren.

    Werdegang eines Rillenkugellagers

    Auf dem Demonstrator zu erkennen sind die einzelnen Prozesse zur Fertigung der Bestandteile eines Rillenkugellagers. Als Ergänzung zur dort gezeigten Herstellung der Wälzköper und des Käfigs wird im Folgenden die Herstellung von Innen- und Außenring genauer erläutert:

    Die Fertigung von Innen- und Außenring läuft ähnlich ab. Zunächst wird in eine Stahlstange die Innenbohrung gesetzt und der Außendurchmesser entsprechend abgedreht, woraufhin die jeweils benötigte Innen- und Außenform gedreht wird. Dieses Bauteil wird von der Stahlstange abgestochen und gehärtet. Als nächstes werden sowohl bei Innen- als auch bei Außenring die Seiten und die Außendurchmesser geschliffen. Bei dem Außenring wird daraufhin die innere Laufbahn und bei dem Innenring die äußere Laufbahn der Wälzlager geschliffen. Zum Abschluss wird die Bohrung des Innenringes ebenfalls geschliffen.

    Ein zusätzlicher Schritt nach der vollständigen Montage ist, je nach Modell, die Fettung und der Einbau einer Dichtung. [8]

    Tellerfedern

    Tellerfedern können ruhend als auch schwingend in Achsrichtung belastet werden. Je nach Anwendungsfall können Tellerfedern einzeln oder gestapelt verwendet werden.

    Geschlitzte Tellerfedern, wie in der Abbildung zu sehen sind, werden bei Kugellagern für die axiale Vorspannung verwendet. Damit können mögliche Maßabweichungen überbrückt werden oder auch Mindestbelastungen aufgebracht werden. [7]

    Lagerung mit Lagertöpfen

    Diese beiden Ausstellungsstücke sollen eine Welle, welche mit zwei Rillenkugellagern gelagert ist, darstellen. Der Demonstrator mit dem Stirnrad zeigt eine Lagerung mit Lagertöpfen, der Demonstrator ohne Stirnrad zeigt eine Lagerung ohne Lagertöpfe. Beide Demonstratoren weisen hier eine Teilung in Wellenebene auf. Der Vorteil von Lagertöpfen besteht in der Reduktion des Fertigungsaufwands des umgebenden Bauteils bei Teilung in Wellenebene: So muss nur ein Teil (der Lagertopf) mit feinen Toleranzen gefertigt werden, während die anderen Teile (Gehäusehälften) mit größeren Toleranzen gefertigt werden können.

     

    Lager-Demonstrator

    Auf dem Tisch neben der Glasvitrine befindet sich ein Lager-Demonstrator. Dieser dient zur Veranschaulichung, wie und ob Lager unter Einbringung von äußeren Krafteinwirkungen verwendbar sind.

    Es wurden fünf Lagerungsarten mit je vier Lagerstellen verbaut:

    • Ungelagert
    • Kupferbuchse
    • Gleitlagerbuchse
    • Abgedichtetes Rillenkugellager
    • Offenes Rillenkugellager

    In der Ausgangsposition wirkt keine äußere Krafteinwirkung auf die Lager ein.

    Anleitung:

    • Drehen der Messingscheibe - Lagerverhalten ohne Krafteinwirkung
    • Festsetzen des Hebels mit dem schwarzen Knauf, um Krafteinwirkung zu demonstrieren
    • Drehen der Messingscheibe - Lagerverhalten mit Krafteinwirkung beobachten

    Quellenverzeichnis

    [1] Wittel, H., Muhs, D., Jannasch, D., Voßiek, J. (2013). Roloff/Matek Maschinenelemente. Wiesbaden: Springer Fachmedien, 2013.

    [2] NSK-Europe. Was ist ein Wälzlager?, unter: https://www.nskeurope.de/de/bearings/products/what-s-a-bearing.html (abgerufen am 20.10.2022).

    [3] konstruktions praxis. Gleitlager – Grundlagen, Eigenschaften und Anwendungen, unter: https://www.konstruktionspraxis.vogel.de/gleitlager-grundlagen-eigenschaften-und-anwendungen-a-764887/ (abgerufen am 20.10.2022).

    [4] GAP Kugellager OHG. Technische Informationen über Wälzlager, unter: https://www.gap-kugellager.de/info/technische-informationen.html?language=de  (abgerufen am 24.10.2022).

    [5] Upffront GmbH. Der Unterschied zwischen Gleit-, Kugel- und Rollenlagern, unter: https://info.upffront.com/de/blog/der-unterschied-zwischen-gleit-kugel-und-rollenlagern  (abgerufen am 26.10.2022).

    [6] Kugellager-Express GmbH. Hier finden Sie die richtige Dichtung, unter: https://www.kugellager-express.de/Infos-Kugellager-Dichtungen  (abgerufen am 01.11.2022).

    [7] Alcomex Federn GmbH. Tellerfedern Anwendung, unter: https://www.alcomex.de/tellerfedern-anwendung/  (abgerufen am 01.11.2022).

    [8] JESA SA. Ablaufplan der Kugellagerfertigung, unter: https://www.jesa.com/de/dokumentation/technische-dokumentation/ablaufplan-der-kugellagerfertigung/  (abgerufen am 08.11.2022).

    [9] Wittel, H., Spura, C., Jannasch, D. (2021). Roloff/Matek Maschinenelemente. Wiesbaden: Springer Vieweg, 2021

    [10] Schaeffler AG. Revolution in der Lagerungstechnologie - Das käfiggeführte Nadellager, unter: https://www.schaeffler.com/de/medien/storys/storys-produkte/70-jahre-kaefiggefuehrtes-nadellager/  (abgerufen am 11.11.2022).