Zum Hauptinhalt springen

Preis für tierfreie Medikamentenforschung

Hochschulmitarbeiter Dr. Wolfgang Boomgaarden erhält Herbert Stiller Preis

Dr. Wolfgang Boomgaarden, Lehrbeauftragter an der Hochschule Emden/Leer, ist am Montag (29.11.21) mit dem Herbert-Stiller-Preis für menschenrelevante, tierfreie Medikamententestung ausgezeichnet worden. Der Preis wurde vom bundesweiten Verein Ärzte gegen Tierversuche während einer hybriden Veranstaltung in Köln vergeben.

Der Preis im Wert von 20.000 Euro unterstützt nach Angaben des Vereins die Forschungsarbeiten von Dr. Boomgaarden zur Übertragbarkeit von Tierversuchen auf den Menschen bei der Medikamenten-Aufnahme ("Orale Bioverfügbarkeit"). Mit zwei Herbert-Stiller-Preisen würden somit „zwei innovative, hochmoderne und natürlich tierfreie Forschungsprojekte mit besonderer Relevanz für die Humanmedizin“ gefördert, heißt es weiter.

Dr. Wolfgang Boomgaarden, Gründer des Biotech-Unternehmen PharmaInformatic, erhält einen der Preise für sein Projekt mit dem Kurztitel „In-silico-Bioverfügbarkeit“. Boomgaarden hat computergestützte Expertensysteme entwickelt, die mittels künstlicher Intelligenz (KI) anhand der chemischen Struktur von Medikamentenkandidaten vorhersagen können, wie hoch ihre Bioverfügbarkeit, also die Wirkstoff-Aufnahme im Menschen, sein wird.

Der Herbert-Stiller-Preis ermöglicht es Boomgaarden, anhand vorhandener Daten eine detaillierte Analyse der Bioverfügbarkeit von über 100 Medikamenten beim Menschen durchzuführen und mit den Ergebnissen aus präklinischen Studien in Versuchstieren zu vergleichen. „Meine bisherigen Untersuchungen zeigen, dass zum Teil sehr hohe Unterschiede bei der Wirkstoff-Aufnahme zwischen Mensch und Tier bestehen. Viele Tierversuche zeigen nicht, ob ein Medikament im Menschen gut aufgenommen wird und können daher die medizinische Forschung in falsche Richtungen leiten,“ so Boomgaarden.

„Dieses Projekt wird erneut deutlich machen, dass Daten aus Tierversuchen sich nicht auf den Menschen übertragen lassen. Weiterhin sollen die Resultate ein Anreiz für Pharmaunternehmen sein, diese Expertensysteme statt der üblichen Tierversuche zu verwenden, um die Wirksamkeit ihrer Medikamentenkandidaten schneller und genauer zu berechnen“, sagt Dr. Dilyana Filipova, Wissenschaftlerin bei Ärzte gegen Tierversuche.

Studiendekan Prof. Dr. Thorsten Schmidt zeigt sich ebenfalls erfreut über die renommierte Auszeichnung: „Ich freue mich sehr, dass unsere Studierenden von den neuesten Erkenntnissen eines internationalen Preisträgers im Studium profitieren können. Der Preis verdeutlicht einmal mehr die weite Sichtbarkeit und Anerkennung unserer Hochschule in den Bereichen Bioinformatik und Künstlichen Intelligenz.“

Die Preisverleihung, der Festvortrag und die anschließende Diskussion wurde live gestreamt und ist verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=iex9LVJnDWA.

 

Über den Preisträger Dr. Wolfgang Boomgaarden:

Dr. Boomgaarden studierte Chemie an den Universitäten Oldenburg, Manchester und Marburg und promovierte im Bereich Organische Chemie und Pharmakologie an der Universität Bonn. Nach seiner Tätigkeit als Chemie-Informatiker und wissenschaftlicher Berater der Geschäftsführung in einen Berliner Biotech-Unternehmen kehrte er zurück in seine Heimatstadt Emden und war dort von 2002 bis 2004 als Lehrbeauftragter und W2 Professor für BioInformatik an der Hochschule Emden/Leer beschäftigt. Anschließend gründete er 2004 das Biotech-Unternehmen PharmaInformatic Boomgaarden, welches Wissensdatenbanken aus bisherigen präklinischen und klinischen Studien von Wirkstoffen erstellt. Aus diesen Daten werden mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Expertensysteme (Software-Produkte) entwickelt, welche die pharmakokinetischen ("ADME") Eigenschaften von neuen Wirkstoffen vor klinischen Studien an Menschen prognostizieren. Die Computer-Verfahren werden international von forschenden pharmazeutischen Unternehmen unter anderem bei der Optimierung neuer antiviraler Wirkstoffe gegen COVID-19, in der Diabetes-Forschung oder in der Krebs-Forschung eingesetzt und ersetzen Tierversuche.

 

Über die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche:

Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche e.V. besteht seit 1979 und ist ein bundesweiter Zusammenschluss aus Ärzten, Tierärzten und Naturwissenschaftlern, die Tierversuche aus ethischen und wissenschaftlichen Gründen ablehnen. Der Verein engagiert sich für eine moderne, humane Medizin und Wissenschaft ohne Tierversuche, die sich am Menschen orientiert und bei der Ursachenforschung und Vorbeugung von Krankheiten sowie der Einsatz tierversuchsfreier Forschungsmethoden im Vordergrund stehen.

 

Zurück