News Fachbereichs Seefahrt & Maritime Wissenschaften

Hochschule Emden/Leer und Reederei Briese forschen gemeinsam an Schiffsroutenoptimierung

Die Hochschule Emden/Leer befasst sich in einem aktuellen Forschungsschwerpunkt mit dem Thema Schiffsroutenoptimierung. Ziel des Projektes „ROBUST (Routen-, Befrachtungsplanung und –steuerung für die Seeschifffahrt)“ ist es, anhand historischer Wetterdaten und aktueller Vorhersagen sowie der Leistungsfähigkeit verschiedener Windantriebskonzepte und aktueller Frachtdaten, zu berechnen, wie genau sich Routen so anpassen lassen, dass die verfügbare Windenergie maximal genutzt werden kann und dennoch die logistischen Ziele, wie beispielsweise Terminrestriktionen für die Ladung, erreicht werden können. Zudem soll über Simulationsmodelle im Vor- und Nachlauf nach Möglichkeiten gesucht werden, dieses Potential durch eine geschickte Fracht-Schiff-Routenzuordnung auch tatsächlich zu erreichen, bzw. das im Hauptlauf auf See erreichte Einsparpotential an Brennstoff und CO2, nicht wieder durch komplexe Vor-, Nachlauf- aber auch Konsolidierungsprozesse zu verlieren.

Die Transportkosten auf See sind zu ca. 60% durch die Treibstoffkosten bestimmt. Dieser Anteil droht noch höher zu werden, wenn der derzeit auf offener See verwendete schwefelhaltige Schweröltreibstoff durch höherwertigen Treibstoff ersetzt werden muss, um Schadstoffemissionen in die Umwelt zu verringern. Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, um den Treibstoffverbrauch zu verringern, z.B. das „slow steaming“, denn die Fahrtgeschwindigkeit geht ganz entscheidend in den Treibstoffverbrauch ein. Seit der Wirtschaftskrise von 2008  ist die Schiffskapazität im Überfluss vorhanden, so dass die Schiffe (abhängig vom Transportgut) durchaus langsamer fahren können. Dies wurde auch von vielen Reedereien praktiziert. Inzwischen erholt sich der globale Markt wieder. Ein weiterer Aspekt ist der Einfluss von Wind und Wellen auf den Kraftstoffverbrauch. Auf den Routen im Nordatlantik wird ein Zuschlag von ca. 25 Prozent durch das hier häufig auftretende schlechte Wetter berücksichtigt (Erfahrungswerte).

Der Einfluss von Wind und Wellen auf das Schiff ist über Modelle in Versuchsanstalten untersucht und beschrieben worden. Exakte Werte von einem seegängigen realen Schiff hingegen liegen kaum vor.

Hier setzt das Forschungsprojekt an: Auf einem Schiff der Reederei Briese, der „BBC Hudson“, sind eine Reihe von Messungen installiert worden, die die Zusammenhänge zwischen Wind und Wellen und deren Einfluss auf das Schiffsverhalten (z.B. Treibstoffverbrauch, Schiffsbewegungen) über einen Zeitraum von einem Jahr auf verschiedenen Weltmeeren erfassen sollen.

Mit einem Wellenradarsystem der Firma Oceanwaves werden die Wellen vermessen (Höhe, Frequenz, Richtung): Der Wind wird auf dem Vorschiff und über der Brücke gemessen. Die Wirkungen von Wellen und Wind auf das Schiff werden über eine Leistungsmessung des Verbrauchs der Antriebsmaschine ermittelt. Ebenso werden die Schiffsbewegungen (durch die Wellen) mit einem Trägheitsmesssystem erfasst. Die Werte werden auf einem Rechner an Bord zusammengefasst und einmal täglich über Satellitenkommunikation an die Hochschule Emden/Leer geschickt. Hier werden sie dem ROBUST Forschungsteam ausgewertet.

Die Messergebnisse werden mit theoretischen Berechnungen an der Hochschule verglichen, so dass die theoretischen Modellrechnungen dadurch evaluiert werden können. Ein weiteres Thema ist die Evaluation der Güte der Wettervorhersagen auf dem offenen Meer. Die Modellrechnungen der Wetterdienste basieren u.a. auf punktuellen, auf Schiffen ermittelten Messungen, die jedoch oft sehr subjektiv sind (z.B. Abschätzung der Wellenhöhe). Mit den gemessenen Daten erhält man objektivere Daten, die es dann erlauben die Qualität der Wettervorhersage zu untersuchen.

Die Montage der Messgeräte auf der BBC Hudson erfolgte während eines Dockaufenthaltes in Bremerhaven Anfang April. Daran beteiligt waren das Team der Reederei Briese, geleitet von Jürgen Rudnick, die Gerätelieferanten Hoppe-Marinetechnik aus Hamburg, Oceanwaves aus Lüneburg (Wellenradar), die Koordination ist bei Prof. Dr. Michael Schlaak von der Hochschule Emden/Leer.

Am Gesamtprojekt ist neben der Hochschule Emden/Leer die Fachhochschule in Osnabrück beteiligt. Weitere Partner sind die Reederei Briese, der Deutsche Wetterdienst in Hamburg, das Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und -betrieb der TU Braunschweig sowie das Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik der Uni Bremen. Projektleiter ist Prof. Dr. Reinhard Elsner, Hochschule Emden/Leer. Der Forschungsschwerpunkt wird gefördert aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab der VolkswagenStiftung.

 

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Michael Schlaak, michael.schlaak@hs-emden-leer.de, Tel: 0171 3531 683
Dr. Stephan Kotzur: stephan.kotzur@wirtschaft.hs-emden-leer.de, Tel: 04921 4509957