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Meldung

Mehr Schutz für die kleinen Helfer des Immunsystems

Vortrag zu "Mikroben im Alltag" bei den Stadtwerken

Dass sich auf einem Toilettensitz weniger Bakterien tummeln als auf dem heimischen Küchenschwamm, Schneidbrettern oder dem Nasenbügel der Brille, war einer der amüsanten Fakten neben vielen spannenden Einblicken, die die Gäste eines Vortrags der Hochschule Emden/Leer am Mittwochabend im Kundencenter der Stadtwerke Emden mit nach Hause nahmen. Prof. Dr. Claudia Gallert vom Fachbereich Technik der Hochschule nahm ihr Publikum mit auf eine Reise in die Welt der „Mikroben im Alltag“ und klärte zugleich darüber auf, wie wichtig diese für den menschlichen Organismus sind.

Gallert arbeitet seit elf Jahren als Professorin für Mikrobiologie und Biotechnologie am Campus Emden und wurde im Jahr 2017 mit dem Niedersächsischen Wissenschaftspreis ausgezeichnet. In Forschung und Lehre befasst sie sich unter anderem mit den Ursachen und Folgen von Antibiotikaresistenzen. Im Foyer des SWE-Kundencenters brachte sie dieses Thema ebenfalls aufs Tableau. Viel zu schnell würden Mensch und Tier heute mit Antibiotika behandelt, so Gallert. Meist, ohne vorher abzuklären, ob tatsächlich eine bakterielle Infektion vorliegt, obgleich diese Form der Therapie nur dann sinnvoll ist.

In der industriellen Tierhaltung erfolgt die Behandlung gar präventiv, denn insbesondere die Massentierhaltung ist zum Großteil darauf angewiesen. Die Folge: Mit den Jahren haben sich immer mehr resistente Keime und Krankheitserreger gebildet, die wiederum zu mehr chronischen Erkrankungen führen können. Je nach Land seien bis zu 50 Prozent der Antibiotika-Gaben unnötig, gab die Professorin zu bedenken.

Dies zu verhindern, müsse höchste Priorität haben, so Gallert. Längst sei bekannt, dass bei einer Behandlung mit Antibiotika auch die nützlichen Mikroorganismen vernichtet werden, was wiederum eines der wichtigsten Organe beeinträchtigt: den Darm. Rund 80 Prozent unseres Immunsystems sind dort zu finden, die Besiedelung mit den verschiedensten nützlichen Mikroorganismen am dichtesten – hierbei spricht man auch vom Darm-Mikrobiom, einem essentiellen Teil des menschlichen Mikrobioms. „Dass dort ein Gleichgewicht herrscht, ist von zentraler Bedeutung für unsere Gesundheit“, sagte Gallert.

So seien im Jahr 2019 weltweit 1,27 Millionen Menschen durch eine Infektion mit antibiotikaresistenten KeimeN gestorben. Ein Ungleichgewicht werde zudem durch Stress oder ungesunde Ernährung begünstigt. Dies könne die unterschiedlichsten Krankheiten - von Diabetes Typ 2 über Atemwegserkrankungen bis hin zu psychischen Beeinträchtigungen - verursachen, da eine direkte Verbindung vom Darm über die Nervenzellen zum Gehirn besteht.

Ein wirksames Mittel zur Eindämmung dieser „stillen Pandemie“, wie Gallert das zunehmende Leiden an der Wirkungslosigkeit von Antibiotika-Behandlungen bezeichnete, könne unter anderem die Einführung eines weltweit einheitlichen Standards bezüglich der Verschreibung sein. Ärzte und medizinisches Personal müssten dementsprechend geschult werden. Diagnostische Schnelltests seien mittlerweile gut verfügbar und auch bezahlbar.

Der Vortrag wurde im Rahmen des Jubiläumsjahres „50 Jahre Hochschule in Ostfriesland“ angeboten. Prof. Dr. Gerhard Kreutz, Präsident der Hochschule Emden/Leer, dankte den Gastgebern für die Bereitstellung des Veranstaltungsortes. Mit den Stadtwerken Emden pflege die Hochschule seit langer Zeit eine „gute Partnerschaft auf vielen Ebenen.“ Informationen zu weiteren Veranstaltungen des Jubiläumsjahres der Hochschule gibt es unter https://bit.ly/3Jnk37V.