Solarzellen für Sukuta

Anna Gerritzen und Michael Schlaak haben im Rahmen der Nachhaltigkeit an der Hochschule ein weiteres Projekt gestartet. Zusammen mit der Cirksenaschule Emden möchten wir an der Partnerschule in Sukuta (Gambia) eine Solaranlage einrichten, die den PC-Pool vor Ort mit Strom versorgen soll. Wir haben das Projekt im Wintersemester 2018/19 gestartet. Seitdem ist viel passiert. Mit der folgenden Historie möchten wir einen einblick in unsere Aktivitäten geben.

Das FabLab steht für demokratische Bildung. Das bedeuted, dass jedem Menschen auf der Welt möglich sein sollte, auf das gleiche Bildungsniveau zu gelangen. Aus diesem Grund unterstützen wir dieses Projekt mit ganzem Herzen. Im Rahmen der Nachhaltigkeit an der Hochschule haben wir ein Projekt ins Leben gerufen, in dem Studierende der Hochschule eine Photovoltaikanlage für die Grundschule in Sukuta konzipieren, auslegen und entwickeln.

Seit 2015 gibt es einen Kontakt zwischen der Grundschule Cirksena, Emden (GSCE) über den Lehrer Jörg Nagels und der Suta Lower Basic School (SLBS), Gambia. Der Kontakt basiert auf einer persönlichen Initiative von Jörg Nagels. Er hat die SLBS bisher zweimal auf eigene Kosten besucht und persönliche Kontakte zu einzelnen Lehrern dort hergestellt. An der GSCE hat Herr Nagels einige Initiativen mit den hiesigen Grundschülern entwickelt („So kleiden sich die Kinder in Deutschland“, „Jahreszeiten in Deutschland“, …), um einen kulturellen Austausch zu initiieren. 

An der SLBS existiert ein Computerraum, über den ein Informationsaustausch zwischen Schülern und Lehrern möglich wäre. Mangels Stromversorgung und Internetzugang ist die Funktion aber nur sehr bedingt möglich. Die Kommunikation erfolgt derzeit lediglich über WhatsApp zwischen einzelnen Lehrern.

Durch Aufbau einer eigenen Stromversorgung für den Computerpool durch Photovoltaik und Batterien soll die Kommunikationsfähigkeit hergestellt werden. Damit kann die Qualität der Lehre und die Motivation der Lehrer generell verbessert werden.

Ursprünglich war geplant, dass die Studierenden in zwei Projektabschnitten eine technische Grobauslegung durchführen. Dazu sollten zunächst Wetterdaten der letzten Jahre ausgewertet werden um so auf eine gemittelte Energiemenge zu kommen. Auf der anderen Seite musste der Bedarf des PC-Pools berücksichtigt werden. Weiterhin fallen elektrische Verluste durch Transformationsvorgänge an. Um das technische Konzept zu Prüfen sollte eine Gruppe der Studierenden nach Sukuta fahren und die baulichen Möglichkeiten vor Ort begutachten. Außerdem sollte nach Projektpartnern vor Ort gesucht werden.

Im geplanten Zweiten Teil ging es dann um die konkrete Umsetzung der Anlage. Wir wollten alle benötigten Komponenten zusammenstellen und gemeinsam mit den Projektpartnern die PV-Anlage in Betrieb nehmen. Zusätzlich sollt eingewiesenes Personal der Schule vor Ort die Wartung / Instandhaltung übernehmen. Ggfs. könnten Teilaufgaben auch von Schülern übernommen werden.

Währenddessen wurde ein Förderverein zur finanzierung des Projektes gegründet, der nun als Gerüst dienen kann, um noch andere derartige Projekte zu unterstützen. Dazu zählen beispielsweise auch die Schokofahrt. 

Mittlerweile haben wir eine dritte Projektphase abgeschlossen, bei der wir zunächst eine Musterinstallation in kleinerem Maßstab vor Ort in Emden aufgebaut haben. Diese haben wir mit der ausgewählten Hard- und Software ausgestattet in zwei Familien gegeben. Die Kinder, die auch im entsprechenden Alter unserer Schüler sind, sollten die Systeme aussprobieren. So sollten unter anderem Erfahrungen mit dem Betrieb an ungewöhnlichen Orten gesammelt werden. Außerdem wurde eine Rückmeldung über das eingesetzte Betriebssystem erwartet.

Gambia ist eines der kleinsten Länder Afrikas und wird vom Gambia-Fluss durchzogen. Die Einwohnerzahl wird auf ca. 2,2 Millionen geschätzt. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung beträgt ca. 17 Jahre. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen bis 14 Jahre liegt bei 45%. Gambia wird von den UN zu den 20 ärmsten Ländern der Welt gezählt.

Die Bevölkerung lebt hauptsächlich von Fischfang, Landwirtschaft und Tourismus. Die Arbeitslosigkeit aber, gerade auch die Jugend-Arbeitslosigkeit ist hoch. Insgesamt gibt es wenige gut bezahlte Jobs, was viele junge Männer davon überzeugt, dass es sich lohnt, den langen gefährlichen Weg nach Europa zu wagen.  Gambia stellt das drittgrößte Kontingent an Flüchtlingen aus Afrika in Deutschland.  

Nach der geglückten Absetzung des autokratisch regierenden Präsidenten Jammeh im letzten Jahr ist die politische Situation im Land stabil und die Hoffnung steigt, dass es einen wirtschaftlichen Aufschwung geben wird. Jede zukunftsträchtige, an Nachhaltigkeit orientierte Investition scheint im Moment dazu geeignet, Fluchtursachen bekämpfen zu können. Ein Hindernis für eine langfristige positive Entwicklung des Landes stellt das Analphabetentum von ca. 60 % dar.

Die Sukuta Lower Basic School (SLBS) ist eine staatliche Schule für die Klassen 1-6 in der Stadt Sukuta (ca. 50000 Einwohner, mit Außenbezirken ca. 80000 Einwohner / West Coast Region), ungefähr 18 km von der Hauptstadt Banjul an der Atlantikküste entfernt 

Die stark anwachsende Bevölkerung spiegelt sich auch in der Schule wieder, die kaum alle Kinder beschulen kann. Insgesamt sind es fast 3000 Kinder (aus der Stadt und den Außenbezirken bis max. 3-5 km Entfernung), die in zwei Abschnitten, d.h. morgens (erste, dritte und fünfte Klassen) bzw. nachmittags (zweite, vierte und sechste Klassen) Unterricht haben. Trotzdem sind oft mehr als 50 Kinder in einem meist dunklen Klassenraum, der nicht das Nötigste bietet. 

Selbst die Dächer sind beschädigt und lassen in der Regenzeit des Öfteren keinen Unterricht zu. Lehrmaterialien gibt es wenige, den SchülerInnen fehlen oft Stifte und Hefte. Lehrsprache ist aufgrund der Anlehnung ans britische Schulsystem Englisch. In den Familien werden aber westafrikanische Sprachen gesprochen, in Sukuta hauptsächlich `Mandinka´.

Viele Kinder kommen meistens in die SLBS, ohne eine Vorschule besucht zu haben. Ihre Einschulung kann sich auch wegen fehlender finanzieller Reserven der Familien verzögern. So ist es keine Seltenheit, 12-jährige in der vierten Klasse anzutreffen. Auch Unterbrechungen des Schulbesuchs sind häufig. Trotzdem ist die Motivation bei vielen Jungen und Mädchen groß, über `Schule´ für eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien zu sorgen. 

Der Computerraum der Schule (Abb. Links) ist durch verschiedene Schenkungen wenn auch älterer Computermodelle das Juwel der Schule und bietet die Möglichkeit, Grundkurse in Informatik anzubieten, Unterrichtsinhalte anders darzustellen und die mehr als 70 LehrerInnen, die zwischen 45 und 100 Euro pro Monat verdienen, fortzubilden. Außerdem kann er bei vorhandenem Internetanschluss der Öffnung zur Welt dienen und die Kommunikationsfähigkeit verbessern. Der engagierte Verantwortliche des Computerraums Mr. Daffeh und der junge Leiter des English-Clubs der Schule Mr. Keita sind sehr interessiert daran, neue Kontakte zu knüpfen und ihre Arbeit auch über die Grenzen hinweg zu teilen.

Jedoch fehlt es an einer konstanten Energieversorgung in der Stadt und der Schule selbst. Ist genügend Strom vorhanden und das Netz nicht durch Defekte unterbrochen, hat die SLBS die Möglichkeit, Strom zu kaufen, wenn die Schule eigene Finanzmittel einsetzt – sie bekommt ca. 2 Euro pro Kind und Schuljahr für alle (!) Ausgaben-, die aber in den letzten Jahren praktisch nie existierten. Ende letzten Jahres wurde ein neuer Schulleiter eingesetzt, um die Entwicklung der Schule voranzutreiben.

 

Kürzlich wurden über die Stiftung von MRC-Holland die
Gebäude der Schule saniert, nicht jedoch der Computerraum und dessen
Energieversorgung.

Die Sukuta Upper Basisc School in der Nachbarschaft der SLBS
wurde weitgehend von einer der Stiftung in Moormeland (Ostfriesland) aufgebaut
und auch jetzt noch unterstützt. 

Projektphase 1

Im WS 18/19 konnten wir mit einer kleinen Gruppe Studierender aus den Fachbereichen Technik und Soziale Arbeit das Projekt starten. Die Studierenden aus dem Studiengang Sustainable Energy Systems (ehemals Energie Effizienz) kümmerten sich um die technischen Aspekte. Aus dem Fachbereich Soziale Arbeit wurden Themen wie interkulturelle Kommunikation und Rassismus beleuchtet.

m Rahmen eines Hochschulprojektes mit Studierenden der Hochschule Emden-Leer (HSEL) wurde ein Konzept entwickelt, die Energieversorgung des Computerraumes über Photovoltaik und Akkus sicher zu stellen und einen Zugang zum Internet zu ermöglichen. Zur Realisierung soll vor Ort ein Netzwerk verschiedener Akteure aufgebaut werden, die mit Unterstützung aus Deutschland das Konzept realisieren können und auch später den Betrieb / die Systemwartung aufrechterhalten können.

Das Projekt wird von der HSEL im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiativen der Hochschule mit Studierenden in Kooperation mit der GSCE (Jörg Nagels) durchgeführt. Die Hochschule (HSEL) ist eine Fairtrade HS, die Stadt Emden eine Fairtrade Stadt, so dass das Projekt auch in die globale Zielsetzung von Stadt und Hochschule passt. 

Die Zielsetzung des Projektes tangiert folgende Sustainable Development Goals (SDGs) der UN:

  • Bildung (SDG 4)
  • Nachhaltige Energie (SDG 7)
  • Innovation und Nachhaltige Infrastruktur (SDG 9)
  • Klimaschutz (SDG 13)
  • globale Partnerschaften (SDG 17).

Es wurde ein Team mit Studierenden der HSEL gebildet, das auch von dem Ansprechpartner der GSCE mit betreut wurde. Eine Gruppe aus dem Team des Projektes wurde zur SLBS geschickt, um vor Ort zu ergründen, wie ein solches Konzept realisiert werden kann, und wer die Partner sein könnten (Installation und Wartung). Danach wurde eine technische Lösung für die Energieversorgung über Photovoltaik erarbeitet und die logistische Vorgehensweise zur Umsetzung des Projektes vor Ort beschrieben. Das Projektteam erstellte dann einen Kostenplan und einen Plan zur Durchführung.

Um den Computerraum mit der aktuellen (Stand 2020) Austattung mit Solarenergie zu betreiben, würde eine extrem große und damit kostspielige Solaranlage nötig werden. Rechnerisch würden über 60 Solarpanels gerbaucht werden, da die Monitore und Workstations sehr alt sind. Auch die Netzteile haben extrem schlechte Kenndaten. Dazu ergibt sich eine enorme notwendige Speicherkapazität. Unter diesen Vorraussetzungen würde sich die Finanzierung deutlich erschweren. Außerdem hat sich ergeben, dass dem Platzbedarf für eine derart große PV-Anlage nicht entsprochen werden kann. Weiterhin wurde eine geeignete Position für die Installation ermittelt. Da das Dach des Gebäudes schon sehr beschädigt ist, soll die PV-Anlage einen schattigen Unterstand für die Schüler vor dem Gebäude bilden. Dazu müsste eine eigene Tragstruktur entworfen werden.

Der Computerraum soll nun mit neuen kostengünstigen Computern ausgestattet werden. Die genaue Auswahl erfolgte in einem weiteren Hochschulprojekt im Zusammenarbeit mit dem I-Pro-L

Während unserer Zeit vor Ort konnten zahlreiche Kooperationspartner gewonnen werden, die uns Absichtserklärungen und schriftliche Zusagen ausstellten.

  • SLBS
  • Mothers Club
  • MRC
  • GTTI

Impressionen

Projektphase 2

Da die Hochschule Emden / Leer die PV-Anlage in Gambia nicht finanzieren darf, wurde ein Förderverein gegründet (NEOW: Nachhaltige Entwicklung in Ostfriesland und der Welt).

Um den Verein auch für die Umsetzung anderer Projekte im Rahmen der Zielsetzung der SDGs nutzen sollte, wurde die Satzung entsprechend umfassend formuliert.

Zur Vereinsgründung konnten wir einige Hochschulmitglider sowie externe Interessenten gewinnen.

Projektphase 3

Im Rahmen von zwei weiteren Hochschulprojekten wurde zum einen eine Fundraising Kampagne zum Sammeln von Spendengeldern erarbeitet. Zum Anderen wurden zwei Musterinstallationen entwickelt um die Nutzung der ausgewählten neuen Hardware zu testen.

 

 

Hauptkriterium für die neuen Computer war der Energieverbrauch. Heutzutage gibt es eine Reihe von sehr Stromsparenden EinplatinenComputern (System on a Chip SoC). Wir haben uns für den RaspberryPi entschieden. Ein weiterer Vorteil ist das kostenfreie Betriebssystem Linux. Während der Exkursion in Gambia wurde eine arabsiche Schule im benachbarten Fischerdorf Tanji besucht. Diese Schule wurde mit sogenannten PiTops ausgestattet, die über eine kleine PV Anlage mit Strom versorgt wird. Das System liefert so viel Energie, dass nach und nach weitere Verbraucher intalliert werden konnten. So verfügt diese Schule über eine Schulweite Lautsprecheranlage, Beleuchtung und Ventilatoren. Inspieriert von dieser Technik haben wir uns das System angeschaut. Hier kommt ebenfalls ein RaspberryPi zum Einsatz, der mit einem Eerngieverbrauch zwischen 5 und 15 Watt glänzen kann. Der Monitor benötigt lediglich weitere 18W. Außerdem sind diese Systeme sehr günstig in der Anschaffung, welche sie zum Idealen kandidaten für uns macht. Da diese mit Systeme mit einer Linuxdistribution betrieben werden, eröffnet sich auch ein kostenfreies Universum an Software für den Bildungsbereich. So können die Projektkosten niedrig gehalten werden. 

Um diese Kleincomputer zu testen, haben wir zwei mobile PV-Anlagen aufgebaut, die jeweils einen PiTop betreiben. Allerdings hatten wir die Anforderung, einen reibungslosen VideoChat zu etablieren. Der RaspberryPi 3 war dafür ein wenig zu schwach, weshalb wir auf ein neueres Modell gewechselt sind. Dieses hat allerdings einen anderen Formfaktor, weshalb es nicht perfekt in das Gehäuse des PiTop Monitores passt. Dieses führte wiederum zu unfunktionalen Tastaturen und anderen peripherie Geräten.

Für die Ausstattung des Pools in Gambia emfpiehlt es sich daher, einen anderen Monitor zu nehmen und die RaspberryPis mit einem alternativen Gehäuse zu versehen. Hier sollte eines mit aktiver Kühlung gewählt werden, da die dortigen Einstatzbedingungen stark von denen in Emden abweichen. Die Solartechnik hat sich als überaus robust herausgestellt. Selbst unter einer Abdeckung konnte genug Energie umgewandelt werden, um die Batterien aufzuladen.

Ein anderes Team hat sich mit der Entwicklung einer Fundraisingkampagne beschäftigt. Es wurden digitale und Printmedien entwickelt und geeignete Kanäle untersucht. Außerdem wurde eine Strategie für die entsprechenden Zielgruppen ausgearbeitet. Sobald der Förderverein als Gemeinnützig annerkannt ist, wird diese Umgesetzt.

Impressionen

Projektphase 4

Es hat sich währenddessen eine neue Kooperation mit dem "Freundeskreis Sukuta - Moormerland" ergeben, die uns auch schon seit Projektstart mit ihren Erfahrungen in Gambia zur Seite standen. Der Verein ist seit über 20 Jahren in der Entwicklungshilfe tätig und hat die Sukuta Upper Basic School (SUBS) maßgeblich mit aufgebaut. Derzeit wird dort ein neues Gebäude für eine Bibliothek errichtet. Der Bau wird vom Verein finanziert. Auch hier soll es ein paar Rechnerarbeitsplätze, sowie einen gesonderten für den Bibliothekar geben. Damit diese auch von den vorteilen einer autarken Energieversorgung profitieren, legt eine neue Gruppe studierender eine weitere PV-Anlage für die Bibliothek aus.

Mitmachen

Wenn du aufrichtig an einer Entwicklungshilfe interessiert bist, dich darüber hinaus in einem der Aufgabenfelder auskennst oder uns anders unterstützen kannst, melde dich doch in unserem Anmeldeformular an. Wir sind immer auf der Suche nach motivierten Studierenden.
Bitte beachte dass wir für die Leistungen in diesem Projekt keine CP's vergeben können.

Nachhaltigkeitszertifikat

Studierende, die interdisziplinär tiefer in das Thema Nachhaltigkeit eintauchen möchten, können ein Professionalisierungsprogramm der Hochschule Emden/Leer durchlaufen und das Nachhaltigkeitszertifikat der Hochschule erwerben. Die Teilnahme in diesem Projekt kann man sich in einem der Modulbausteine anrechnen lassen.

Mehr Informationen