Wefra

Wer nicht fragt, geht offline: Kids as digital Citizens
(Wefra-Studie)

Projekthintergrund

Digitalisierung ist in aller Munde: Der Megatrend und die zunehmende Technisierung wird in der Wirtschaft mit „Industrie 4.0“ als ein neues technisches Zeitalter der Vernetzung eingeleitet und ist mit tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen verbunden. Digitalisierung als Prozess durchdringt dabei viele Lebensbereiche. Das Projekt „Wer nicht fragt, geht offline – Kids as digital Citizens“ (Wefra) fokussiert die Lebenswelten von Kindern im Kontext von Digitalisierung und wirft die Frage auf, wie Bildung und digitale Teilhabe im 21. Jahrhundert gestaltet werden können.

Ziele und Inhalte des Projekts

Projektziel 1: Kinder als Akteur*innen von Digitalisierung wahr- und ernst nehmen

Digitalisierung wird gemacht und gelebt: Übergeordnete Zielsetzung ist es, Kinder auf dem Weg fortschreitender Digitalisierung verantwortungsbewusst zu begleiten. Darunter fallen beispielsweise die verschiedenen Fragen, Ideen und Bedürfnisse der Kinder im Bildungsprozess mitzudenken und in Erfahrung zu bringen. Ausgangsthese ist dabei, dass Kinder bereits über „Know-How“ verfügen und sich mit ihren eigenen als auch kollektiven Expertisen digitale Räume erschließen, aneignen und mitgestalten. Sie sind und werden zu Akteur*innen im digitalen Zeitalter. Ihre Lebenswelten spielen sich auch zunehmend digital ab.

Kinder werden im Forschungsprojekt nicht nur als Forschungsteilnehmer*innen betrachtet, sondern im Sinne von science literacy, an verschiedenen Phasen im Projekt interessengeleitet eingebunden, um Forschung auch möglichst kindgerecht, transparent und zugänglich zu gestalten. Den Bedarfen der Kinder wird Raum gegeben auch ethische Prinzipien und die Rechte der Kinder in allen Phasen des Projekts mitgedacht und reflektiert.

Projektziel 2: Digitale Bildung in der Kindheit weiterdenken

Digitale Bildung wird bewusst nicht auf MINT-Domänen begrenzt, sondern als „digital literacy“ lebensweltlich und teilhabeorientiert übersetzt und untersucht.

In diesem Prozess werden pädagogische Fachkräfte mit ihren Ideen, Befürchtungen und Möglichkeiten eingebunden und eine Basis für Fortbildungsformate und Praxisprojekte geschaffen. Besonderer Schwerpunkt wird die Arbeit in Kindertageseinrichtungen sein. Mit (angehenden) pädagogischen Fachkräften in Niedersachsen werden Fortbildungseinheiten entlang der Forschungsergebnisse entwickelt und erprobt. Gemeinsam mit Fachkräften wird aus (früh-)pädagogischer Perspektive reflektiert, was hinsichtlich digitaler Bildung denk-, ausprobier- und umsetzbar ist. Ziel ist es im Anschluss im Fort- und Weiterbildungssektor pädagogische Materialien zu entwickeln, die für die Praxis eingesetzt werden können.

Forschungsansatz und Methoden

Das Projekt verfolgt eine weitgehend offene und kollaborative Forschungsstrategie: Ausgangspunkt und Zielgruppe sind Kinder im Alter von 4-12 Jahren. Es werden verschiedene Methoden eingesetz, die es ermöglichen, Kinder in ihren Handlungen und Bedeutungszuschreibungen zu explorieren. Dabei ist der Einsatz von digitalen Geräten und die Anwendung audio-visueller und kindzentriert-multimodale Methoden (z.B. Internetexploration über Tablets, Screenshots, Zeichnungen, Videos etc.) von Bedeutung. Kreative und unterstützende digitale Applikationen werden mitverwendet und ebenfalls „klassische Methoden“ der Kindheitsforschung angewandt. Die Erhebung wird in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen (Kita und Hort) durchgeführt. Ein möglichst vielseitiges Sample an Einrichtungen und Kindern wird akquiriert.

Erkenntnisinteresse und Fragestellung

  1. DIGITALE LEBENSREALITÄTEN: Wie erschließen sich Kinder digitale Räume? Wie verbringen sie darin ihre Zeit? Die bereits vorhandene „digitale Lebensweise“ von Kindern und ihr Tun im Internet und digitalen Geräten werden untersucht.
  2. DIGITALE TEILHABE: Welche Bedeutungen, Interessen und Bedarfe zeigen und entwickeln die Kinder in digitalen Räumen? Die Perspektiven auf digitale Teilhabe werden unter besonderer Berücksichtigung der Wünsche, Bedenken und Herausforderungen in Erfahrung gebracht.
  3. DIGITALE LERNWERKSTATT: Wie kann digital literacy in der frühkindlichen Bildung und Erziehung lebensweltnah und teilhabeorientiert gestaltet werden? Im gemeinsamen Austausch wird mit Kindern und Fachkräften nach Möglichkeiten gesucht, digitale Bildung in der pädagogischen Praxis erfahrbar zu machen.

Poster zur Forschung

Praxistransfer

Die Auseinandersetzung mit Bildung im Kontext von Digitalisierung erfordert kooperative Formate, Austausch und interdisziplinäre Perspektiven verschiedener Akteur*innen. Ziel ist es Zukunftsfragen in der Gegenwart aufzugreifen und Impulse mit innovativen Transfermethoden zu setzen. Dabei sollen auch regionale und überregionale Kompetenzen und Netzwerke genutzt und gestärkt werden. Angestrebt wird Wissenschaft für die Zielgruppe der Forschung, als auch für zivil- und bildungsgesellschaftliche Interessierte zu betreiben. Die Klammer des Verbundprojekts „Science with and for Society“ macht deutlich, dass gesellschaftliche Themen nur gemeinsam bearbeitbar werden und Anlässe geschaffen können, um verschiedene Menschen, ob Jung und Alt, zusammen kommen zu lassen.

Dies wurde beispielsweise über Publikationen, Workshops, Fachtagungen und die Einbindung von Studierenden realisiert. Student*innen beteiligten sich an Forschung, einer Lernwerkstattformat im FrühWerk, Präsentationen für Praxis und Mitstudierende und der Auseinandersetzung mit pädagogischen Fachkräften ihrer Praxiseinrichtung. Sie wurden in diesem Prozess begleitet. Workshops und Dialogformate wurden auf dem Fachtag „Irgendwas mit Medien-Digitalisierung der Kinder- und Jugendhilfe“ mit pädagogischen Fachkräften an den Forschungsdaten diskutiert und daraufhin Fort- und Weiterbildungsformate entwickelt. Zwischenstände der Forschung wurden hochschulintern zum Forschungstag (SAG), als auch international beispielsweise in Norwegen zur Winter School „Ethnographic re-configurations in the post-digital age perspective“ diskutiert. Hinsichtlich digitaler Medienbildung  in der frühpädagogischen Praxis und Professionalisierung wurde ein Beitrag auf der Internationalen Tagung der Hochschullernwerkstätten „Lern.Medien.Werk.Statt“ in Wien mit dem Projektteam aus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt erarbeitet. Auf der Tagung der Sektion Pädagogik der Kindheit und Sozialpädagogik für Nachwuchswissenschaftler*innen konnte ein Vortrag „Kinder als Bürger*innen im Kontext der Digitalisierung?! Potenziale und Herausforderungen für den Elementarbereich“ und ein Workshop zu Forschungsethik zur Verbesserung kindheitspädagogischer Forschung und Kindheitsforschung abgehalten werden. Wissenschaft für die breite Gesellschaft und zugänglich zu betreiben, wurde auch in der "Selbstgewusst! Gemeinsam Wissen schaffen" Online Konferenz verhandelt und Projekterkenntnisse vorgestellt. Auch erste Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit  (Trần, Hoa Mai; Kaiser, Lena (2019): Digitale Medien als Denk- und Erfahrungsräume. In: KitaAktuell: Fachzeitschrift für Leitungen, Fachkräfte und Träger der Kindertagesbetreuung. KiTa MO, 28 und Hochschule Emden Leer (2020): Von Kindern über Digitalisierung lernen. Hier verfügbar) wurden parallel verfolgt und auf den Weg gebracht.


Gespräche mit Wissenschaftler*innen, Zivilgesellschaft und vor allem pädagogischen Teams, Fachkräften von Kooperationseinrichtungen wiesen auf Risiken und Bedenken, sowie die Heterogenität an Anknüpfungspunkten, sei es biografisch-generational, interessenspezifisch oder in der Zusammenarbeit mit Familien und in Hinblick auf die Kinder der Einrichtung hin. Sie zeigten, dass digital-mediatisierte Erfahrungen von Kindern direkt und indirekt in der Praxis ein bedeutsames Thema sind. Digital-medial-vermittelte und sich transformierende Bildungsprozesse als integralen Bestandteil von Lernen, Bildung und Erziehung von Kindern zu begreifen war handlungsleitend in der Wefra-Studie. Lernwerkstattarbeit und partizipative Kindheitsforschung sind ein fruchtbares Anwendungsfeld für Praxis und Wissenschaft, in dem die Perspektiven und Medientätigkeiten von Kindern wertgeschätzt, ernst genommen und pädagogisch begleitet werden können. Den sich beteiligenden Kindern und pädagogischen Fachkräften, die sich an der Forschung beteiligt haben gilt ausdrücklicher Dank.

Kontakt zu Projektteam

Hoa Mai Trần
Kindheitspädagogin, Fortbildnerin und Forscherin
hoa.mai.tran(at)hs-emden-leer.de

Hendrik Dreischmeier

Staatlich anerkannter sozialpädagogischer Assistent und angehender Kindheitspädagoge

hendrik.dreischmeier(at)stud.hs-emden-leer.de

Weitere Informationen

Das Pilotprojekt ist Teil des Verbundprojektes „Partizipative Wissenschaft für Region, Kultur, Technik (HP HSEL) und wird durch die Euopäische Union aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und durch das Land Niedersachsen gefördert. Der Realisierungszeitraum erstreckt sich von Januar 2019 bis Dezember 2020.