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„Jede vierte Ausbildung wird abgebrochen“

So titelten in den vergangenen Tagen viele deutsche Zeitungen und beriefen sich damit auf die Auswertung des Berufsbildungsberichtes 2013 durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Die Abbruchquote liegt demnach in Deutschland bei 24,4 Prozent und hat damit den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung.

Das Phänomen des Ausbildungsabbruches wird seit November 2011 am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit in dem Projekt „Wenn die Berufsfindung und -ausbildung Brüche aufweist. Ausbildungsabbruch Jugendlicher in Ostfriesland und Papenburg. AbJOP“ erforscht. Gemeinsam mit den Projektleiterinnen Frau Prof. Dr. Sylke Bartmann und Frau Prof. Dr. Astrid Hübner untersuchen Antje Handelmann (wissenschaftliche Mitarbeiterin) und Esther Proft-Janßen (wissenschaftliche Hilfskraft) in dem zweijährigen Forschungsprojekt u.a. die Gründe für vorzeitige Vertragslösungen insbesondere in Ausbildungsberufen des Hotel- und Gaststättengewerbes. Schwerpunkt der Studie ist darüber hinaus die Erhebung der biographischen Perspektive der Jugendlichen. Bildungswege und -verläufe, die auch die Zeit vor und nach dem Abbruch betreffen, werden rekonstruiert, um zu verstehen, welche Gründe und welche Prozesse aus Sicht der Jugendlichen zu den Vertragsauflösungen geführt und wie die Jugendlichen den Ausbildungsabbruch biographisch gemeistert haben.  

In Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg (IHK) wurden im Frühjahr letzten Jahres rund 1200 Personen, die ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig aufgelöst haben, im IHK-Bezirk zur Teilnahme an einer Onlineumfrage eingeladen. Die drei am häufigsten genannten Abbruchgründe sind ein schlechtes Arbeitsklima, Überstunden und nicht erfüllte Erwartungen an die Ausbildung. Rund 72 Prozent der Teilnehmenden gaben an, vor dem Beginn der Ausbildung ein Praktikum absolviert zu haben, davon wiederum 71 Prozent in dem Betrieb, in dem sie später die Ausbildung begonnen haben. Diese Zahl überrascht, gilt doch ein Praktikum als Garant für einen erfolgreichen Verlauf einer Ausbildung.

Gesellschaftlich wird ein Abbruch der Ausbildung in erster Linie als Scheitern betrachtet und die negativen Auswirkungen für den weiteren (beruflichen) Weg der Jugendlichen werden betont. Der Ausbildungsabbruch stellt jedoch auch eine Möglichkeit und ein Recht dar, eine Entscheidung zu revidieren, um z.B. eine Berufswahl zu korrigieren. In den offenen narrativen Interviews, die im Anschluss an die Befragung mit Ausbildungsabbrecherinnen und -abbrechern geführt wurden und zurzeit ausgewertet werden, wird die subjektive Sicht der betroffenen Jugendlichen fokussiert. Diese Interviews liefern genauere Hinweise, die dabei helfen, zu verstehen, wieso sich (junge) Menschen für einen Ausbildungsabbruch entscheiden. Zudem soll durch die Integration der Perspektive der Jugendlichen und die Erhebung ihrer eigenen Sichtweisen auf die Ausbildung und den Ausbildungsabbruch aufgezeigt werden, wie unterschiedlich sich der Weg hin zum Ausbildungsabbruch berufsbiographisch entwickelt hat.

Um auch die Perspektive der Betriebe zu untersuchen, werden noch bis Ende März Ausbilderinnen und Ausbilder befragt. Mit Unterstützung der IHK wurden rund 400 Ausbildungsbetriebe angeschrieben, die aktuell in den Berufen Koch/Köchin, Hotelfachmann/-frau und Restaurantfachmann/-frau ausbilden, d.h. in den Berufen, in denen die höchsten Abbruchquoten in der Region zu verzeichnen sind. Im Anschluss werden auch mit den Ausbilderinnen und Ausbildern persönliche Interviews durchgeführt. Des Weiteren interessiert, inwieweit sich die Perspektiven der Jugendlichen und die der Betriebe/AusbilderInnen unterscheiden.

Mehrmals im Jahr finden Workshops mit den KooperationspartnerInnen des Projektes statt, die die quantitativen und qualitativen Erhebungen ergänzen. In den Treffen werden die Partner aktiv in den Forschungsprozess miteinbezogen. Das Expertenwissen aus den unterschiedlichen Arbeitsfeldern im Kontext der dualen Berufsausbildung ergänzt den Forschungsprozess sinnvoll. Zu den Kooperationspartnern zählen die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg, Berufsbildende Schulen (BBS) II Emden, Integrierte Gesamtschule (IGS) Emden, Agentur für Arbeit Emden, Hotel Regina Maris Norddeich, Aktiengesellschaft (AG) Ems sowie als beratende Einrichtung Verbund Ausbildung Ostfriesland e.V. und Herr Götze vom DGB. Der nächste Workshop findet im März statt. Dann sollen Zwischenergebnisse aus den Interviewauswertungen sowie der Onlineumfrage der Ausbilderinnen und Ausbilder präsentiert und diskutiert werden.

Zum Abschluss des Projektes ist eine Tagung geplant, zu der Interessierte herzlich eingeladen sind.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter abjop.hs-emden-leer.de