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Emder Studenten bestehen den Bankentest

Hochschule Emden/Leer und OLB bieten Studenten den Praxistest

Einen Bankentest der besonderen Art mussten Emder Studierende der Master-Studiengänge „Business Management“ und „Management Consulting“ über sich ergehen lassen. Sie hatten die Aufgabe bekommen, im Laufe des letzten Semesters einen Business-Plan zu erstellen. Das ist eine verbale und zahlenmäßige Beschreibung eines Geschäftsvorhabens, meist einer Unternehmensgründung. Damit gehen Existenzgründer zu Banken und fragen dort Kredite nach. Die Bank prüft die Pläne und entscheidet auf dieser Basis darüber, ob der Gründer als kreditwürdig gilt oder nicht.

Im Studium wird das Erstellen von Business-Plänen relativ häufig geübt, denn darin müssen die Geschäftsideen ganzheitlich betrachtet werden. „So werden alle Teilbereiche der Betriebswirtschaftslehre angesprochen: Vom Rechnungswesen über die Organisationslehre bis zum Marketing“, erklärt Professor Dr. Carsten Wilken vom Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Emden/Leer. Die Studierenden haben so die Möglichkeit, ihr theoretisch erworbenes Wissen aus vielen verschiedenen Veranstaltungen anzuwenden.

Allerdings ist das Aufstellen von Business-Plänen meist eine reine Prüfungsleistung, also wie eine Klausur zu absolvieren. „Da geben sich die Studierenden durchaus Mühe, aber es hält sich doch im Rahmen. Sie haben ja außer einer schlechten Note nichts zu befürchten“, erläutert Wilken. Darum haben er und Fritz-Hannes van Beckum, Leiter des Firmenkundengeschäfts der Oldenburgischen Landesbank (OLB), vereinbart, dass diesmal die Pläne nicht nur bewertet werden, sondern auch erfahrenen Kundenberatern der Bank vorgestellt werden mussten. Diese simulierten dann mit den Studierenden ein echtes Bankgespräch. „Da war der Stressfaktor doch deutlich höher“, sagt Stefan Willms, einer der Emder Studierenden. „Man will sich ja nicht blamieren und auf alle Fragen vorbereitet sein. Da mussten wir schon etwas mehr tun als sonst.“

Willms hatte zusammen mit vier anderen Studierenden die Idee, ein Jugendhostel in Oldenburg aufzumachen. Dazu recherchierten er und seine Kommilitonen wochenlang vor Ort die Vermietungslage, fertigten Karten mit Standorten möglicher Wettbewerber an und informierten sich im Internet und bei Herstellern über Ausstattungsvarianten und deren Preise. Am Ende umfasste der Business-Plan 40 Seiten Text, in denen das Vorhaben detailliert beschrieben wird. Dabei wird auf die Gründer selber, ihre Zielsetzungen, das Objekt und die Marktsituation intensiv eingegangen. Am Ende wird das Vorhaben auch wirtschaftlich bewertet. „Letztlich will die Bank ja wissen, ob sie ihr Geld zurück bekommen wird. Da muss man schon genau rechnen“, führt Willms aus.

Die OLB-Berater waren davon beeindruckt: „Normalerweise haben wir keine Pläne in der Qualität vorliegen, auch nicht, wenn sie von Beratern kommen“, lobt Ulrich Breer die Studierenden. Er muss es wissen, denn er ist seit 20 Jahren Kundenbetreuer der OLB und mit der Materie bestens vertraut. Auch sein Kollege Eike Langwost zeigte sich überrascht. Er wies aber auch darauf hin, dass schriftliche Ausarbeitungen und detaillierte Berechnungen eine Seite der Selbständigkeit seien. „Wir schauen aber auch ganz genau auf die dahinter stehenden Personen und versuchen herauszufinden, ob die überhaupt das Zeug dazu haben, sich selbständig zu machen“, erläutert Langwost. Letztlich ist das Verleihen von Geld auch immer eine Frage des Vertrauens.

So hatten die Studierenden letztlich auch ganz andere Fragen erwartet. Zwar legten die erfahrenden Banker den Finger immer genau in die Wunde und fanden die Schwächen der Pläne und der Rechnungen schnell heraus, aber insgesamt gab es unerwartet viele „weiche“ Fragen, etwa dazu, ob die Studierenden denn glaubten, im Geschäftsleben gut miteinander auszukommen. „Wir hatten viel härtere Fragen erwartet“, zeigten sich denn auch Johannes Bohnen und Antje Schmöckel überrascht. Die beiden hatten gemeinsam mit weiteren Studierenden die Idee, eine zusätzliche Cocktailbar in Leer aufzumachen. Dabei sollten völlig neuartige Cocktails angeboten und speziell das jüngere Publikum angesprochen werden. Eine Idee, der die Bankberater nicht so viel abgewinnen konnten. Hier sei der Markt doch schon gesättigt, meinten sie.

Der Leiter des OLB-Firmenkundengeschäfts van Beckum war dennoch auch von diesem Plan angetan. „Offensichtlich waren die Studierenden sehr motiviert – mindestens so viel wie echte Firmengründer“, schmunzelt er. Damit ist die Idee aufgegangen und das eigentliche Ziel erreicht, nämlich einen Nutzen für alle Beteiligten stiften: Studierende, Hochschule und OLB. Die Studierenden erhielten einen ungemein praxisnahen Einblick in die Prüfung von Kreditengagements durch Banken und lernten, nahezu perfekte Geschäftspläne aufzustellen und zu verteidigen, die Hochschule schuf einen weiteren Baustein in Richtung „praxisorientierte Lehre“ und der OLB machte die ganze Sache Spaß. „Wir waren von der Idee sofort begeistert und haben uns gerne die Zeit genommen“, führt van Beckum aus.

Und auch Professor Wilken zeigte sich zufrieden: „Die Business-Pläne, die die Studierenden im Rahmen dieser Veranstaltung erstellt haben, hatten auch für unsere Verhältnisse eine sehr hohe Qualität. Das zeigt, dass die Motivation der Studierenden doch höher gewesen ist als normal – und dann lernen sie auch mehr.“ Und da die Hochschule den Kontakt in die Wirtschaft immer sucht, haben er und van Beckum für das nächste Jahr auch schon fest eine Wiederholung eingeplant.

Kontakt:
Prof. Dr. Carsten Wilken
Hochschule Emden/Leer
Fachbereich Wirtschaft
Constantiaplatz 4
26723 Emden
Tel.: 04921 - 807 1223
E-Mail: Carsten.Wilken(at)fho-emden.de

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