Gesundheitsförderung:
Was ist Digital Detox und wie funktioniert es?

Siehst Du auch öfter so aus? Falls Du dich wiedererkennst, solltest Du den folgenden Artikel aufmerksam lesen.

Wir kennen alle die Vorteile, die Social-Media und im Generellen das digitale Zeitalter mit sich bringen (Kreuzer 2020: VII) wie beispielsweise:

  • schnellere Vernetzung
  • flexible Arbeitszeit- und Ort-Modelle (Homeoffice etc.)

Doch natürlich gibt es auch viele negative Entwicklungen, die damit einhergehen. Deshalb wollen wir auf dieser Website auf die „dunkle Seite“ eingehen, die wir nur zu gerne ausblenden. Um ein erstes Beispiel zu nennen:


Wir kennen alle den Moment, in dem unsere Konzentration im Seminar schwindet
und unsere Finger mit drei, vier „Klicks“ bereits bei Instagram, X und Co. sind.


 

Dieses Phänomen ist jedoch problematisch, da ohne Konzentration und ordentliche Betrachtung eines Themas kein vernünftiger Wissensaufbau stattfinden kann (Kreuzer 2020: VII).

Besonders deutlich wird die „dunkle Seite“ dadurch, dass bereits im Drogen- und Suchtbericht 2018 der Bundesregierung nicht nur von einer Computerspielabhängigkeit berichtet, sondern explizit auch die Internetsucht genannt wird (Kreuzer 2020: 35). Jene Personen haben die Impulskontrolle im Umgang mit dem Internet im Allgemeinen, aber auch mit verschiedenen Social-Media Kanälen verlernt. Die Internetsucht taucht auch im ICD-10 (der internationalen statistischen Klassifikation von Krankheiten, hrsg. WHO) unter „Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“ auf (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2024, o.A.).

Aufmerksamkeit und Konzentration

Aufgrund der Tatsache, dass immer mehr Menschen „always on“ sind, prasselt durch die ständige Verfügbarkeit von schrecklichen Videos zu Terror und Krieg, süßen Katzenvideos und anderen Nachrichten eine Vielfalt von Informationen sekündlich auf die Endnutzer*innen ein. Diese sind häufig schlicht überfordert, die abertausenden Informationen zu verarbeiten. Die unzähligen Plattformen mit ihren verschiedenen Aufmerksamkeitszielen (Nachrichten, unterhaltsame (Kurz)-Videos…) schreien alle nach der Aufmerksamkeit des/der Endnutzers*in; es entsteht eine Aufmerksamkeitsökonomie, in welcher nicht mehr Geld oder Produkte, sondern die Aufmerksamkeitsspanne eines Menschen die Ressource der Wahl ist (Kreuzer 2020: 3). Zu dieser Aufmerksamkeitsökonomie gesellen sich zwangsläufig die Trade-offs, die Austauschbeziehungen. Wer mehr Zeit in Serien oder Filme auf Netflix investiert, hat weniger Zeit, sich über politische oder gesellschaftliche Neuigkeiten/Abläufe zu informieren. Häufig springen junge Menschen nur von Headline zu Headline (wie es bei X beispielsweise der Fall ist) ohne den tieferen Sinn hinter der Meldung zu erfahren. Diese kurze Konzentrationszeit machen sich mittlerweile bereits Unternehmen, wie TikTok, zu nutze (Kreuzer 2020: 4).

Was verbirgt sich jedoch hinter dem Begriff der Konzentration? Im Grunde ist es die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf eine Aufgabe, die einem bestimmten Ziel dient (ebd.: 23). Diese Aufmerksamkeitsspanne für ein Thema wird gesamtgesellschaftlich immer kleiner, zeigt eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung gemeinsam mit der TU Berlin, University Collage Cork und der TU Denmark. Sehr anschaulich lässt sich dies am Beispiel der X-Top-Hashtags erläutern: Im Jahr 2013 blieb ein Hashtag durchschnittlich 17,5 Stunden in der Top-Liste. Im Jahr 2016 waren es nur noch 11,9 Stunden (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung 2019, o.A.). Die Originalstudie ist im QR Code hinterlegt.

Wenn man sich in einem Seminar umschaut, kann es passieren, dass einige Kursteilnehmer*innen auf ihre digitalen Endgeräte schauen. Jedoch ist unklar, ob sie relevante Informationen oder Fragen mitschreiben oder sich im Internet surfen.

Daher könnte man zu dem Schluss kommen, dass Menschen weniger im Jetzt-Modus, sondern vielmehr in einem der folgenden drei Modi leben:

  1. Berichtmodus: Person empfindet den Drang, sich permanent auf Social Media Plattformen wie Instagram, WhatsApp oder Snapchat mitzuteilen (ebd.: 25).
  2. Inszenierungsmodus: Die Personen müssen jede ihrer Aktivitäten „instagramable" machen
  3. Antwortmodus: Jene Personen haben nicht nur den Drang, einfache Fragen zu beantworten oder in eine Diskussion einzusteigen, sondern sie müssen jede Story von ihren Freunden sehen, sie liken oder kommentieren (ebd.: 26).

Eins ist jedoch klar: Da immer seltener Notizen „oldschool“ auf Papier
mitgeschrieben werden, erhöht sich zusätzlich zu der alltäglichen
Bildschirmnutzung die Bildschirmzeit durch Seminare oder die Arbeit.


 

Bildschirmzeit und genutzte Geräte

Die untenstehenden Abbildungen zeigen deutlich, dass besonders die „Internet-Generationen“ Gen Z und Gen Y (Milianials) über viel Bildschirmzeit verfügen. Zusätzlich ist die Digitalisierung ist nicht nur in der Arbeitswelt angekommen, sondern auch durch verschiedene Unterhaltungsmedien im Privatleben stark vertreten. So besitzen viele Menschen, besonders aber technikaffine, medienbegeisterte oder junge Menschen, gleich mehrere davon.


Seid mal ehrlich, wie viele von den Geräten aus der rechten Tabelle habt ihr
in eurer Wohnung/WG-Zimmer stehen?


Welche gesundheitlichen Auswirkungen können von zu viel Social Media - und Techniknutzung auftreten? Dazu hat die DAK 2018 eine Umfrage in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen unter der Zuhilfenahme des Social-Media-Disorder-Scale durchgeführt. Dieser umfasst 9 Fragen: sind mehr als 5 Fragen mit einem Ja beantwortet worden, so kann eine Disorder vorliegen (Kreuzer 2020: 35). Heraus kamen Auswirkungen wie: Streit mit den Eltern, Schlafmangel, depressiveSymptomatiken (ebd.: 36/110), das Phänomen des „Fomo“ – Fear of missing out (ebd.: 43) oder körperliche Unzufriedenheit, ausgelöst durch visuelle Medien auf bspw. Instagram (ebd.: 46).

Wichtig zu nennen wäre auch der Smartphone-Buckel. Er wird auch Handy-Nacken genannt. Hierbei entsteht durch den andauernden Blick nach unten und damit einer massiven Gewichtsbelastung eine abnormale Körperhaltung, welcher einen Rundrücken und verkürzte Nackenmuskulatur zur Folge haben kann (Kreuzer 2020: 103).

Eine negative Auswirkung, die wir alle kennen, ist der Bewegungsmangel: Man sitzt im alltäglichen Leben so viel: etwa beim Frühstück, dem Weg zur Arbeit/Universität, in den Pausen und ebenfalls abends beim gemütlichen Serien schauen. Die Folge können Übergewicht oder Osteoporose sein (Kreuzer 2020: 105).

Auch kann es passieren, dass man sich bei anderen Aufgaben durch die reine Anwesenheit des Smartphones abgelenkt fühlt (ebd.: 107).


Denkt mal an eure Hausarbeits-Situationen oder den Regenerationspausenim
Gym: Wie oft ertappt ihr euch dabei, am Handy zu sein?


Ein weiterer, wichtiger Punkt ist der Schlaf-Wach-Rhythmus einhergehend mit Schlafproblemen oder gar Schlafmangel (ebd.: 108). Einige Studien deuten darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen Licht in der Nacht und verschiedenen Erkrankungen wie etwa Herzkreislauferkrankungen oder Fettleibigkeit gibt. Gesichert ist indes die Erkenntnis, dass Schlafprobleme durch „blaues Licht“ hervorgerufen werden, welches die Ausschüttung von dem Schlafhormon Melatonin unterdrückt (ebd.: 109).

Andere Auswirkungen können sein: geringeres Selbstwertgefühl, höheres Maß an Ängsten (ebd.: 110) oder die Gefahr der Kurzsichtigkeit (ebd. 113).

Im nächsten Abschnitt erfahrt Ihr Ideen zur Vorbeugung all dieser Auswirkungen.

Maßnahmen für Digital Detox

  • Apps für Erinnerungen der Bildschirmzeit
  • Apps, die die Nutzung anderer Apps einschränken
  • Apps, für bessere Fokussierung
  • Änderung des Mindsets (Meditationsübungen, Lesen vor dem Schlafen gehen)
  1. Planung & Vorbereitung

Um Gewohnheiten nachhaltig zu ändern, sollte man sich im Voraus überlegen, wie der Alltag anders wird. Dazu stellst du dir Fragen wie: Wie viel Zeit will ich vor Bildschirmen verbringen? Welche Vorteile bringt eine Pause? Wie viel Zeit ohne digitale Geräte möchte ich haben?

    1. Smartphone freie Zeit und Orte einplanen

Lege bestimmte Phasen fest, in denen das Smartphone definitiv abgeschaltet bleibt. Du kannst auch Zonen festlegen, in denen das Handy tabu ist, wie zum Beispiel das Schlafzimmer.

    1. Alternativen entdecken

Zurück zu analogen Hilfsmitteln, wie beispielsweise Weckern, Landkarten und Wörterbüchern.

    1. Digital Detox per Smartphone

Mittlerweile gibt es auch verschiedene Apps, die bei der Umsetzung des Digital Detox helfen können. Hier sind einige davon, die sowohl für Android als auch für iOS geeignet sind:

  • Die App Forest lockt mit gutem Öko-Gewissen. Die Macher*innen versprechen, dass echte Bäume gepflanzt werden, wenn Nutzer*innen ihre Handys für eine bestimmte Zeit nicht anrühren.
  • Die App Offtime blockiert andere Programme, Benachrichtigungen und Anrufe für eine bestimmte Zeit. Allerdings macht sie das Handy nicht komplett unbrauchbar. Der/Die Nutzer*in hat viele Einstellungsmöglichkeiten und kann die Auszeit nach seinen Wünschen anpassen.
  • Die App Space hat es sich zur Aufgabe gemacht, die "Smartphone-Sucht" zu bekämpfen. Dafür will die App am Anfang wissen, warum der Nutzer das Handy in die Hand nimmt. Etwa zum Arbeiten, um sich unterhalten zu lassen oder um Zeit totzuschlagen.

Wir hoffen, Ihr hattet Spaß beim Lesen und habt einige interessante Dinge für euch mitnehmen können.
Dieses Mini-Projekt wurde von den Studierenden des 4. Master Semesters Soziale Kohäsion im Modul “Soziale Kohäsion aus Sicht der Gesundheitswissenschaften II” erarbeitet.

Literatur

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (2024): ICD-10-GM Version 2024 - Kapitel V Psychische und Verhaltensstörungen (F00-F99) - Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F60-F69). Online abrufbar unter: https://klassifikationen.bfarm.de/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2024/block-f60-f69.htm#F63.

Kreutzer, R.T. (2020): Die digitale Verführung - Selbstbestimmt leben trotz Smartphone, Social Media & Co. Springer Fachmedien. Wiesbaden.

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (2019): Mit der Informationsflut sinkt die Aufmerksamkeitsspanne der Gesellschaft - Studie untersucht „soziale Beschleunigung“. Online abrufbar unter: https://www.mpib-berlin.mpg.de/pressemeldungen/informationsflut-senkt-aufmerksamkeitsspanne.

Statista (2023): Persönliche Gerätenutzung für den Medienkonsum in Deutschland in den Jahren 2014 bis 2023. Online abrufbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/476467/umfrage/persoenliche-geraetenutzung-fuer-den-medienkonsum-in-deutschland/.

Statista (2023) (1): Gen Z: Bildschirmzeit steigt am Wochenende. Online abrufbar unter: https://de.statista.com/infografik/31430/anteil-der-befragten-die-mehr-als-den-halben-tag-vor-einem-bildschirm-verbringen/.