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Von Turnschuhen und nützlichen Technologien

Zwei Antrittsvorlesungen aus einem Fachbereich

Was verbindet Turnschuhe mit der Agilität in Unternehmen und warum sollte man sich von scheinbar unlösbaren Problemen nicht abschrecken lassen? Prof. Dr. Eva-Maria Schön und Prof. Dr. Maria Rauschenberger befassten sich in ihren Antrittsvorlesungen auf dem Campus Emden mit eben diesen Themen und boten dabei interessante Einblicke in ihre Arbeit.

Agile beyond IT – Warum brauchen wir in der heutigen Arbeitswelt Turnschuhe? und Komplexe Probleme: How can Technologies be used for good? waren die Fragestellungen, denen sich die neu an der Hochschule dozierenden Professorinnen widmeten. Neu ist dabei allerdings durchaus relativ -immerhin ist Prof. Dr. Eva-Maria Schön bereits seit dem Frühjahr 2022 an der Hochschule Emden/Leer als Professorin für Wirtschaftsinformatik aktiv. Prof. Dr. Maria Rauschenberger ist gar schon seit Oktober 2020 als Professorin für Digitale Medien in Emden tätig. Doch bisher hatte Corona eine offizielle Einführung durch Antrittsvorlesungen nicht möglich gemacht. Dies wurde an diesem Abend nachgeholt.

Alle Wege führen nach Emden

Und Emden kennen beide Professorinnen schon länger, waren sie doch beide Studentinnen auf dem Emder Campus. Nach dem Studium trennten sich ihre Wege, allerdings nur für eine gewisse Zeit. Schön und Rauschenberger promovierten beide in Spanien, Schön in Sevilla, Rauschenberger in Barcelona, und sind nun beide wieder in Emden angekommen. Für die Hochschule ist es natürlich besonders schön, wenn ehemalige Studierende im späteren Verlauf erneut vor Ort aktiv werden und sich in die Hochschularbeit einbringen.

Und wie sie dies tun, machten Prof. Dr. Eva-Maria Schön und Prof. Dr. Maria Rauschenberger am frühen Abend des 15. November 2022 deutlich. Schön befasste sich mit Frauen in Vorständen, Möglichkeiten, um die Agilität in Unternehmen voranzutreiben und verdeutlichte, welche Faktoren für die Agilität in vielen Unternehmen noch Hürden sind. Kulturelle Unterschiede würden dazu zählen, ebenso auch eine mangelnde Bereitschaft dazu, Veränderungen anzugehen. Nicht zuletzt würde man in zahlreiche Unternehmen nach wie vor darauf verzichten, die eigene Komfortzone zu verlassen.

Mehr Flexibilität in Unternehmen notwendig

Und das, obwohl nicht zuletzt die Corona-Pandemie gezeigt hat, dass es in der Wirtschaft mehr Flexibilität geben müsste. Bestes Beispiel dafür: Die Arbeit im Home Office. In einem der jüngsten Vergleiche haben lediglich drei Prozent der Arbeitnehmenden an, wieder vollständig im Büro arbeiten zu wollen. 25 Prozent wollen stattdessen lieber vollständig remote arbeiten. 56 Prozent der Befragten gaben hingegen an, sie würden in Zukunft ein hybrides Modell aus Büro und Home Office bevorzugen. Ein Umstand, der mehr als deutlich machen dürfte, wie wichtig Agilität und Flexibilität in Unternehmen allgemein sind – auch außerhalb der IT.

Dass es hierzu aber einen steten Austausch brauche, verdeutlichte Prof. Dr. Eva-Maria Schön ebenfalls. Der dafür herangezogene Unterschied zwischen ‚doing agile‘ und ‚being agile‘ unterstrich dies. So geht es bei ‚doing agile‘ um die Anwendung agiler Methoden, während sich ‚being agile‘ damit befasst, dass eine agile Denkweise in der kulturellen Agilität nicht immer verinnerlicht ist. Letzten Endes brauche es für Agilität allerdings beide Aspekte, damit Agilität wirksam sein könne. Schön schloss damit ab, dass richtige Antworten nicht immer sofort sichtbar sind und oft genug unter der Oberfläche verborgen liegen. In der Arbeitswelt ist es allerdings unabdingbar, schnell und flexibel reagieren zu können. Der Aufhänger des Vortrags – die Turnschuhe – steht fast schon sinnbildlich für diese Flexibilität.

Technologien, um die Welt zu verbessern

Einem gänzlich anderen Thema widmete sich die aus Schleswig-Holstein stammende Prof. Dr. Maria Rauschenberger. Sie selber hat es sich zum Ziel gesetzt, mit Technologie die Welt besser zu machen. Insbesondere die Bereiche Gesundheit und Bildung liegen ihr dabei am Herzen, wie sie direkt zu Beginn deutlich machte. Die technologische Entwicklung bietet zahlreiche Möglichkeiten, oftmals wird sie aber auch völlig ohne Sinnhaftigkeit verwendet. Als Beispiel dafür präsentierte Rauschenberger eine sogenannte Useless Box. Eine kleine Box, die sich auf Knopfdruck öffnet und danach wieder schließt. Vielleicht für eine Party ganz witzig, äußerte sich die Referenten: Die Box funktioniert, bringt aber im Endeffekt nicht viel.

Für Prof. Dr. Maria Rauschenberger spielt Technik eine größere Rolle, die Lösungsansätze für eine bessere Welt bietet. Hierfür dürften auch persönliche Lebensumstände eine wichtige Rolle spielen, bringt Rauschenberger doch eine eigene „Superkraft“ mit: eine Lese-Rechtschreibstörung (LRS). Ein Umstand, der sie vermutlich dazu gebracht hat, in diesem komplexen Themenbereich forschend aktiv zu werden und eine eigene Software zu entwickeln, die eine LRS bei Schülerinnen und Schülern frühzeitig erkennbar macht.

In diesem Zusammenhang widmete sich Rauschenberger nicht nur der Komplexität vieler Probleme und dem mitunter großen Aufwand, für diese Lösungen zu finden, sondern auch unterschiedlichen Systemen, wie Sprachsteuerung, Touchdisplays oder Virtual Reality. Bei der Komplexität vieler Probleme seien es mitunter unterschiedliche Betrachtungswinkel oder Herangehensweisen, die für eine intensivierte Problemlösung sorgen würden. Und wie steht es um die unterschiedlichen Systeme, die Rauschenberger anspricht? Die Sprachsteuerung beispielsweise ist heute in den meisten Geräten vorhanden, wird aber verhältnismäßig selten genutzt. Ebenso könnten neue Technologien anfangs auch reine Spielereien sein und würden erst durch die spätere

Weiterentwicklung einen relevanten Nutzen bieten. Als Beispiel dafür nannte die Referentin eine neue Technologie, die es ermöglicht, durch Muskelsteuerung gegen sich selber „Stein, Schere, Papier“ zu spielen. Was heute eine klassische Spielerei ist, könnte technisch in Zukunft auch medizinisch eine Rolle spielen.

LRS macht Verbindung von Gesundheit und Bildung deutlich

Weiter führte Prof. Dr. Maria Rauschenberger aus, dass die Lese-Rechtschreibstörung ein ideales Beispiel dafür sei, wie Gesundheit und Medizin miteinander verbunden wären. Die Ursache der LRS ist bisher noch unbekannt, jedoch ist die Erkrankung einer der häufigsten Gründe für den Schulabbruch. Interessantes Detail: Eine Lese-Rechtschreibstörung entwickelt sich in aller Regel nicht erst, sondern besteht zumeist ab Geburt. Es gibt neun genetische Marker, die dies deutlich machen. Aktuellen Schätzungen zufolge leiden zwischen drei und 15 Prozent der Menschen weltweit unter einer LRS, wie unterschiedliche Quellen nahelegen.

Ein frühzeitiges Training könne eine LRS kompensieren, jedoch braucht es dafür auch eine möglichst frühe Diagnose. Rauschenberger hat dafür selber ein Diagnosetool entwickelt, das in Form eines Spiels für Vorschulkinder daherkommt. In verschiedenen Spielrunden werden dabei unterschiedliche Indikatoren einer LRS getestet, um betroffenen Kindern möglichst früh helfen zu können. Menschenzentrierte Systeme stehen für Prof. Dr. Maria Rauschenberger eben absolut im Mittelpunkt.

Im Anschluss an die beiden Kurz-Vorlesungen gab nicht nur Blumen für die beiden Professorinnen, sondern im Vorraum des Hörsaals noch Snacks, Getränke sowie zahlreiche Gespräche.

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