Zum Hauptinhalt springen

Rehkitze per Funksignal vor dem Mähtod retten

Projekt der Hochschule Emden/Leer geht in die nächste Phase

Rehkitze vor dem Mähtod bewahren: Dieses Ziel verfolgt ein Forschungsteam der Hochschule Emden/Leer mit seinem im vergangenen Jahr gestarteten Projekt „Kitzretter“. Mit Hilfe einer neuartigen Funktechnologie und einer flexibel steuerbaren App sollen die Tiere künftig rechtzeitig gewarnt und vertrieben werden. Getestet wird der Einsatz derzeit im Landkreis Aurich.

Neugeborene Rehkitze werden von der Ricke am liebsten in das hohe Gras von Wiesen gesetzt. Sie drücken sich bei drohender Gefahr auf den Boden und bleiben dort bewegungslos sitzen, der Fluchtinstinkt setzt erst nach der zweiten Lebenswoche ein. „Dieser Instinkt schützt die Tiere vor natürlichen Feinden, macht sie aber auch leicht zu Opfern von Mähmaschinen“, gibt Prof. Dr. Carsten Koch vom Fachbereich Technik zu bedenken. Er betreut das Projekt gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Tilman Leune innerhalb der Abteilung Elektrotechnik und Informatik.

Die Deutsche Stiftung Wildtier geht von einer Zahl von rund 92 000 vom Mähtod bedrohten Kitzen in Deutschland aus. Unglücklicher Zufall: Die Hauptsetzzeit der Tiere fällt jährlich mit dem ersten Grünlandschnitt zusammen. Die rund 2,3 Millionen Hektar Grünland vorab zu sichern, sei mit einem hohen personellen Aufwand verbunden und für die Landwirte eine große Herausforderung, so Koch.

Das Kitzretter-Warnsystem wird seit dem Frühjahr 2020 an der Hochschule Emden/Leer in Kooperation mit der Jägerschaft Aurich entwickelt. An die Hochschule herangetreten waren die Jäger Onno Reents und Dieter Schilling aus Aurich. Zum Einsatz kommen dabei so genannte IoT (Internet of Things)-Geräte, die mit der Funktechnologie LoRaWAN durch einen zentralen Computer individuell steuer- und konfigurierbar sind. „Diese Technologie macht es möglich, für die Vernetzung von IoT-Geräten kleine Datenmengen kostengünstig, mit einem geringen Energieverbrauch und mit einer hohen Reichweite zu übertragen“, erklärt Leune.

In Aktion funktioniert das System folgendermaßen: Die kleinen Geräte werden vor der Mähsaison auf den Wiesen platziert. Steht eine Mahd an, so kann der Landwirt oder Jäger über eine Web-Anwendung mit dem Smartphone für die jeweilige Wiese eine Vergrämung anstoßen. Die kleinen Geräte beunruhigen in der Nacht in Intervallen mit Licht- und Akustiksignalen die Wiese, sodass die Ricke in den Pausen ihre Kitze aus der betroffenen Grünfläche herausführt. Um einen Gewöhnungseffekt zu vermeiden, geben die miteinander vernetzten Geräte außerdem immer unterschiedliche Signale von sich.

Vor einem Jahr kam der erste Prototyp bei einem Feldtest im Landkreis Aurich zum Einsatz. „Die Flächen werden vorab mit Drohnen nach Kitzen abgesucht, anschließend wird in der Nacht vergrämt, und danach wird erneut mit der Drohne erfasst, wie viele Kitze sich noch auf der Wiese befinden“, so Koch. In diesem Jahr soll der Einsatz der akustischen Signale oder des Lichts optimiert werden. Das Team wird dabei auch von der Expertise der Tierärztlichen Hochschule Hannover unterstützt. Die Umsetzung und Auswertung der Testkampagnen läuft bis Ende des Jahres.

Gefördert wird das Kooperationsprojekt mit der Jägerschaft Aurich vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz aus Mitteln der Jagdabgabe.

Zurück