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Auf dem langen Weg zur Inklusion

nifbe-Tagung an der Hochschule Emden/Leer

„Unterschied macht stark – Gemeinsamkeit macht schlau“ – unter diesem Motto diskutierten am vergangenen Donnerstag rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einer Kooperations-Tagung des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) in der Hochschule Emden/Leer neue Wege zu inklusiven Lebenswelten für Kinder unter drei Jahren.

Die Inklusion als das Recht auf uneingeschränkte soziale Teilhabe aller Menschen mit und ohne Handicaps ist den Mitgliedsstaaten der UNO mit einer Konvention von 2006 in das Pflichtenheft geschrieben worden. Professorin Dr. Simone Seitz von der Universität Bremen führte den TagungsteilnehmerInnen aus der elementarpädagogischen Praxis, Aus- und Fortbildung sowie Wissenschaft die weitreichenden Herausforderungen dieser UN-Konvention vor Augen. Es gehe um nicht weniger als ein „von der Krippe an inklusives Erziehungs- und Bildungssystem“ zu schaffen. Mit dem derzeitigen Krippenausbau biete sich hierfür „eine übergreifende Innovationschance“, die nicht verpasst werden dürfe.

Aus der wissenschaftlichen Begleitung eines Modellvorhabens im Landschaftsverband Westfalen-Lippe konnte Simone Seitz den „präventiven und kompensatorischen Effekt“ einer frühen Aufnahme von Kindern mit Behinderungen in integrative Krippengruppen unter Beweis stellen. Die Herausforderung für ErzieherInnen sei hier die gezielte Unterstützung der individuellen Bildungs- und Entwicklungsprozesse durch Planung, Beobachtung und Dokumentation. Als „zentrale Gelingensbedingungen“ stellte sie neben verbesserten Rahmenbedingungen die soziale Eingebundenheit und die soziale Interaktion der Kinder heraus: „Die wichtigste Motivation für Kinder sind andere Kinder“ pointierte Seitz.

„Aber wo“, so fragten die Tagungs-Moderatorinnen Prof. Dr. Andrea Caby von der Hochschule Emden/Leer und Maria Thünemann-Albers, „steht angesichts der Herausforderungen der UN-Konvention das Land Niedersachsen zurzeit und welche Positionen vertritt es auf dem Weg zur Inklusion?“.

Als „einen ersten Schritt zu inklusiven Lebenswelten“ stellte Christiane Reckmann vom Niedersächsischen Kultusministerium ein Modellvorhaben des Landes zur gemeinsamen Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung in der Krippe vor. Im Zuge dieses Modellvorhabens stehen für Krippen und kleine KiTas 185 Plätze für Kinder mit Behinderungen zur Verfügung. Für ihre heilpädagogische Förderung stellt das Sozialministerium jeweils 1.400 Euro zusätzlich zur üblichen Krippenplatzförderung bereit. In dem bis Mitte 2012 laufenden Projekt, so Christiane Reckmann,  „soll erprobt werden, welche Rahmenbedingungen erforderlich sind, um für Kinder dieser Altersgruppe eine kindgemäße und dem individuellen Förderbedarf angemessene Erziehung, Bildung, Betreuung und Förderung zu gewährleisten“.

In zwei interaktiven Workshoprunden konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung auch mit verschiedenen Perspektiven und Pilotmodellen der Inklusion vertraut machen. Einen zentralen Fokus bildeten die weitere Professionalisierung der pädagogischen Fachkräfte und die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen. Aus Sicht der Praxis berichtete so beispielsweise Tanja Könitz, Leiterin der am niedersächsischen Modellvorhaben teilnehmenden Kinderkrippe „Lüttje Filapper“ in Aurich. In einer integrativen Krippengruppe werden hier zehn Kinder, darunter drei mit Behinderungen, durch zwei ErzieherInnen und eine heilpädagogische Fachkraft betreut. Tanja Könitz, die sich als ausgebildete ErzieherInnen zur Fachkraft für integrative Bildung und Erziehung fortgebildet und schließlich noch ein Bachelor-Studium der Integrativen Frühpädagogik draufgesattelt hat, legt höchsten Wert auf eine stetige Weiterbildung ihrer MitarbeiterInnen. Dazu kommen Fachberatung und Supervision für das Team sowie eine konsequente Kooperation mit Frühförderstellen.

Als zentrale Kompetenzen für eine integrative Krippen-Fachkraft stellte sie ein „gutes entwicklungspsychologisches Grundlagenwissen“, die „Kenntnisse von Eingewöhnungsmodellen“ und „konstruktive Ansätze zur Elternarbeit“ heraus. Ganz entscheidend aber, so Könitz, „geht es um meine Haltung, um mein Bild vom Kind als selbstbestimmten Lerner“.

Das nifbe wird durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) von 2008 bis 2012 mit insgesamt 5,5 Millionen Euro jährlich gefördert. nifbe e.V. ist als An-Institut an der Universität Osnabrück verankert.

Weitere Informationen:
nifbe – Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung
Dr. Karsten Herrmann
Johannistorwall 76 - 78
49074 Osnabrück
Tel: 0541 - 58 054 57-2
Fax: 0541 - 58 054 57-9
E-Mail: karsten.herrmann(at)nifbe.de

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